Mödling verliert seine zweite Pfarre: Herz Jesu wird aufgelöst
Die Enttäuschung ist groß unter den Christen im Mödlinger Stadtteil Schöffelstadt. Vor rund 100 Jahren war die Kirche Herz Jesu im stark wachsenden Osten der Stadt für eine zweite katholische Pfarre geweiht worden. Jetzt soll sie geschlossen und die Immobilie verkauft werden – weil sich die Entwicklung umgekehrt hat. Die Zahl der Kirchenbesucher geht zurück.
Man wolle damit „auf die Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte in Welt und Kirche reagieren und für zukunftsfeste Strukturen sorgen“, heißt es seitens der Erzdiözese Wien. „Der Moment ist gekommen, wo die Pfarren St. Othmar und Herz Jesu wieder zusammengehen und ihre Kräfte bündeln.“
Neue Gemeinde
Dazu gehört der Plan, auch das Seelsorgezentrum St. Michael in der Weißes Kreuz Gasse zu verkaufen. An „eine der im Großraum Wien stetig wachsenden christlichen Kirchen, damit sie weiter ein Gotteshaus bleibt“, betont man. Es soll bereits ein Angebot einer rumänisch-orthodoxen Gemeinde vorliegen.
Mödlings Stadtpfarrer Adolf Valenta bittet „um ein konstruktives und zukunftsorientiertes Mitmachen.“ Er ist sich bewusst: „Die Aufgabe ist groß und wird schmerzliche Abschiede beinhalten. Aber es ist auch eine Chance, die Kirche in Mödling gut neu aufzustellen. Es geht um die Sicherung der Lebendigkeit unseres Glaubens in unserer Stadt“, sagt er, gibt jedoch zu: „Ich wäre lieber Pfarrer in den 1970er-Jahren gewesen, als neue Kirchen geweiht wurden, statt sie zu schließen. Aber leider sind heute solche schmerzhaften Schritte nötig.“
Bis zum tatsächlichen Aus für Herz Jesu werden voraussichtlich noch rund zwei Jahre vergehen. Danach plane man, „für Menschen, die nicht so mobil sind, Gottesdienste in der nahe gelegenen Krankenhaus-Kapelle zu feiern.“
Christliche Treffpunkte
Bürgermeister Hans Stefan Hintner (ÖVP) spricht von einem „emotional harten Schlag für jene Katholiken, die hier ihre Heimat gefunden und sich engagiert haben.“ Als Bürgermeister könne er den Schritt nur zur Kenntnis nehmen, da es sich um eine interne Angelegenheit der Erzdiözese Wien handle. „Die Gründe mögen in den immer weniger Kirchenbesuchen, der geringer werdenden Anzahl der Mödlinger Katholiken und den Kirchenaustritten liegen. Wer solche Entscheidungen kritisiert oder beklagt, sollte seine eigene Position reflektieren.“
Kulturstadtrat Stephan Schimanowa (SPÖ) bedauert die Entwicklung. „Ich habe in Herz Jesu einen wichtigen Teil meines Lebens verbracht, wirklich in der Pfarre mitgelebt und finde die Entscheidung der Erzdiözese auch aus pastoraler Sicht falsch“, sagt er. „Wenn es darum geht, die Zukunft zu sichern, wie man sagt, dann kann man nicht in jenem Stadtteil, der am stärksten wächst, wo es den meisten Zuzug gibt, die Pfarre schließen. Dann müsste man eher St. Othmar aufgeben und die Arbeit in Herz Jesu bündeln.“
Er kritisiert: „Die veröffentlichte Stellungnahme spiegelt eine der Problematiken der Kirche wider. Von oben wird die Auflösung verkündet, Mitbestimmung gibt es nicht.“
"Nicht gefragt"
Seit Jahren schon gehört Mödling mit Wiener Neudorf zum „Pfarrverband am Mödlingbach“. Das Pastoralteam des Verbandes schreibt in einer Stellungnahme: „Wir haben alle mitbekommen, wie sehr sich die Welt um uns und damit auch die Kirche verändert hat. Wir können nicht so tun, als würde das nicht auch für uns bedeuten, dass wir uns verändern müssen. Wir wissen, wie viele Emotionen mit den einzelnen Standorten verbunden sind, wieviel Kraft und Energie und guter Wille im Lauf der Jahrzehnte aufgewendet worden sind. All das Wertvolle wollen wir nicht einfach Vergangenheit sein lassen, sondern wollen so viel wie möglich in die Zukunft mitnehmen.“
Ein Herz-Jesu-Gemeindemitglied verrät jedoch: „Die Stimmung ist im Keller. Man ist entsetzt, weil man nicht gefragt, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt wurde.“
Man höre von einem möglichen Verkauf der Liegenschaft an eine serbisch-orthodoxe Gemeinde.
Nicht aufgegeben werden übrigens die Spitalskirche und die Kirche St. Josef in Mödling, die aufgrund eines Patronatsvertrages von der Stadtgemeinde erhalten werden.
Die Kirche in Zahlen
Minus
Die Zahl der Katholiken ist 2022 in Österreich leicht von 4,8 auf 4,7 Millionen zurückgegangen. In der Erzdiözese Wien sind es 1,08 Millionen, in der Diözese St. Pölten 459.000.
Die Zahl der Kirchenaustritte hat gegenüber den Jahren davor deutlich auf 90.975 zugelegt. 2021 waren 72.222 Personen ausgetreten, 2020 waren es 58.727
Plus
4.771 Menschen wurden 2022 neu in die Kirche aufgenommen – mehr als 2021. Eine leichte Zunahme gab es bei Taufen (45.706) und Trauungen (9.503)
Seelsorger
Die Zahl der in Österreich tätigen Priester ist 2022 leicht auf 3.403 zurückgegangen. 2021 waren es 3.425
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