"Millionen in der Donau versenkt"

Die Donau war Schauplatz eines Naturversuchs.
Hochwasser schwemmte Spezialkies, der die Stromsohle stabilisieren sollte, davon.

Seit das Land NÖ im Dezember 2011 grünes Licht für den sogenannten "Naturversuch Bad Deutsch-Altenburg" gab, floss viel Wasser die Donau hinunter. Und nach Ansicht von Kritikern auch viel Steuergeld. Der Probelauf für das Flussbauliche Gesamtprojekt wäre ebenso missglückt wie das Großvorhaben selbst – "man sollte die Schiffe dem Fluss anpassen und nicht umgekehrt. Stattdessen wurden die Millionen regelrecht in der Donau versenkt", meint etwa Gerhard Heilingbrunner, Ehrenpräsident des Umweltdachverbandes.

"Millionen in der Donau versenkt"
Interview mit dem ehemaligen Umweltdachverband-Präsidenten Gerhard Heilingbrunner am 17.12.2014 in Wien
Den Schaden schätzt er auf "rund 30 Millionen Euro im schlimmsten Fall". Heilingbrunner will deshalb den Rechnungshof einschalten, um aufzudecken, "wie viel Geld tatsächlich die Donau hinabgeschwommen ist". Er fordert eine Offenlegung der Kosten.

Konkret geht es um den Spezialschotter, den die Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft Via Donau zwischen 2012 und 2014 bei Bad Deutsch-Altenburg versuchsweise in die Donau kippte, um die Stromsohle zu stabilisieren und die Bedingungen für die Schifffahrt zu verbessern. (siehe Info unten). Von den insgesamt 120.000 Kubikmetern Grobkies waren im Juni 2013 bereits zirka ein Drittel eingebracht – als das verheerende Hochwasser kam und das gesamte Material mit sich riss.

Den Schaden beziffert Robert Tögel, Leiter des Flussbaulichen Gesamtprojekts, allerdings "nur" mit drei Millionen Euro. Bei der Via Donau erachtet man dies jedoch nicht als Geldverschwendung, sondern "als Aufpreis für die wissenschaftlichen Erkenntnisse, wie eine Hochwasserwelle wirkt".

Für den gesamten Naturversuch wurden inklusive Baumaßnahmen, wissenschaftlicher Begleitforschung, Uferrückbauten und Gewässervernetzung ursprünglich zwar 28 Millionen Euro budgetiert (die Mittel stammen vom Verkehrsministerium und der EU). Bis Ende 2015 seien aber erst Kosten von 23,9 Millionen Euro angefallen.

"Fluch und Segen"

Kritik am Naturversuch übt auch Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation VIRUS, der einen wissenschaftlichen Abschlussbericht vermisst. Auch er hält die Grobkies-Zugabe – die Granulometrische Sohlverbesserung (GSV) – für ineffizient. "Es zeigte sich, dass der Belag nicht so stabil ist, wie es Laborversuche und Berechnungen ergeben haben."

"Millionen in der Donau versenkt"
Grobkies Donau Sohlestabilisierung
Das bestätigt Tögel zwar: "Ja, der Beitrag der GSV zur Sohlstabilisierung ist geringer als in Labormodellen." Das bedeute aber bloß, dass man die Methode mit anderen Maßnahmen stärker kombinieren müsse.

Das 2013er-Hochwasser bezeichnet Tögel allerdings als "Fluch und Segen". Zum einen wurde durch das "Jahrhundertereignis, das sich mitten in der Bauphase ereignete", das gesamte Material, das bis dahin eingebracht worden war, weggeschwemmt und die Stromsohle kippte "in einen neuen morphologischen Zustand", sagt Tögel: "Alles musste neu gemacht werden."

Als Geldverschwendung oder gar Steuergeld-Vernichtung könne man die Aktion aber nicht verstehen. Denn zum anderen habe man aufgrund des baubegleitenden Monitorings das Hochwasser als Komplettereignis erfassen und messen können.

Die Ergebnisse des Naturversuchs werden zurzeit im Rahmen eines "Post-Monitorings" eruiert.

Schon jetzt seien aber "neben dem außerordentlich hohen Erkenntnisgewinn der zumindest vorläufige Stopp der Sohleintiefung sowie eine deutliche Verbesserung des Lebensraumes im Projektgebiet (der Nationalpark Donau-Auen; Anm.) hervorzuheben", betont Tögel. Letzteres wurde durch Uferrückbauten und die Anbindung des Johler Arms erreicht.

Da die Donau ständig Gesteinsmaterial flussabwärts schiebt und aufgrund des Kraftwerks Freudenau nicht genug Material nachkommt, tieft sich die Flusssohle laufend ein – in den vergangenen 50 Jahren um einen Meter. Damit sinkt der Grundwasserspiegel und die Au trocknet aus.

Um den Prozess zu verlangsamen und gleichzeitig die Bedingungen für die Schifffahrt sowie die Lebensbedingungen in den Auwäldern zu verbessern, wurde das Flussbauliche Gesamtprojekt (FGP) geplant. Ursprünglich geschätzte Kosten: 223 Millionen Euro – die werde man aber unterschreiten, heißt es nun bei der Via Donau.
Die Maßnahmen des FGP sollten von 2012 bis 2014 beim Naturversuch Bad Deutsch-Altenburg erprobt werden. Angefangen von der Modernisierung der Buhnen (Dämme, die quer zur Flussrichtung geschüttet werden, um die Fließgeschwindigkeit in der Fahrwasserrinne zu erhöhen), über Gewässervernetzung und Uferrückbauten, bis hin zur Granulometrischen Sohlverbesserung.

2030 sollen die Maßnahmen entlang der Donau abgeschlossen sein. Allerdings sei mittlerweile nicht mehr ein Großprojekt das Ziel, sagt Projektleiter Robert Tögel. „Stattdessen lokalisieren wir punktuelle Schwachstellen und setzen je nach Bedarf individuell gestaltete Einzelprojekte um.“

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