2,5 Stunden im größten Maislabyrinth Österreichs
Hoch im niederösterreichischen Norden, nur einige Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt, hat der Mais nach langem Warten endlich die benötigte Größe erreicht. Eine Nachricht, die insbesondere Michael Andres freut.
Der Landwirt hat in Kleinmeiseldorf auf einer Fläche von rund zehn Hektar einen Irrgarten angepflanzt. Damit ist er – laut eigener Angabe – der stolze Besitzer des größten Maislabyrinths im Land.
"Wir haben endlich eröffnet", freut sich der Irrgarten-Enthusiast. "Nur die Hitze macht uns aktuell ein wenig zu schaffen." Daher empfiehlt er seinen Gästen, der neuen Anlage vorerst entweder vormittags oder am späteren Nachmittag einen Besuch abzustatten, denn "dann sind die Temperaturen ideal".
„Man kann sich da kreativ ganz frei entwickeln, in jede Richtung. Das ist das Schöne.“
Neben Flüssigkeit und Sonnencreme sollte man ausreichend Zeit mit im Gepäck haben. Etwa zweieinhalb Stunden dauert die Durchquerung.
Flanieren im Rätselfeld
Trotz des hochsommerlichen Wetters verschlägt es innerhalb der ersten Tage bereits rund 2.000 Menschen in das grüne Dickicht mitten im Waldviertel.
"Dafür, dass wir das zum ersten Mal machen, kann man schon zufrieden sein", ordnet Andres die Zahl ein. Zudem dürften die Besucherzahlen in den kommenden Wochen deutlich steigen. Mehrere Schulklassen aus unterschiedlichen Ecken Niederösterreichs haben ihr Kommen bereits angekündigt – von Wien über Korneuburg bis Krems und Hollabrunn.
Denn nicht nur zum Spazieren, auch zum Knobeln lädt das Kukuruz-Labyrinth ein. Besucherinnen und Besucher aller Altersklassen – vom Volksschulkind bis zum Erwachsenen – können sich in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden durch den Irrgarten rätseln.
Wer lieber Körper statt Geist anstrengen möchte, sollte sein Glück am Rande der wachsenden Wände versuchen. Auf einer Strecke von 1,4 Kilometern kann der rund 14 Fußballfelder große Rätselparcours auf Elektro-Go-Karts umrundet werden.
Ein Spaß für Groß und Klein, wie Andres betont: "Die Attraktion wird gut angenommen. Unser ältester Fahrer ist 87 und mit seinem Urenkel zu Besuch gewesen."
So verwinkelt und unübersichtlich wie seine Wege scheint auch die Herkunftsgeschichte des Labyrinths zu sein. Bereits das Wort gibt Rätsel auf. Bis heute ist nicht gänzlich geklärt, woher der Begriff Labyrinth genau stammt.
Das älteste labyrinthische Muster wurde vermutlich über tausend Jahre vor Christi in eine griechische Tontafel geritzt. Auch auf kretischen Münzen und römischen Fußbodenmosaiken sind die markanten Linien zu finden. In diesen Fällen handelt es sich um Labyrinthe im klassischen Sinn. Sie bestehen aus einem sich hin und her windenden Gang, der schlussendlich zur Mitte führt.
Unterschiedliche Glaubensrichtungen nutzten das Labyrinth als eine Art spiritueller Läuterungsweg, darunter auch das Christentum. Während man sich den Weg zum Zentrum bahnt – so die Idee – findet man näher zu sich selbst. Bis heute werden Labyrinthe teils zu meditativen oder therapeutischen Zwecken angelegt.
Irrgärten ähneln mitunter einem Labyrinth, bestehen jedoch aus einem Netz aus Wegen samt Abzweigungen, Kreuzungen und Sackgassen. Vermutlich in der Spätrenaissance entstanden, erfreute sich der Irrgarten besonders in pompösen Barockgärten großer Beliebtheit.
Die verwinkelten Pfade und blickgeschützten Verstecke wurden als heimliche Treffpunkte genutzt. Während der Aufklärung verschwanden die Irrgärten zunächst und kehrten erst im 20. Jahrhundert zurück.
Die Jüngsten gehen in Kleinmeiseldorf ebenfalls nicht leer aus: Eine mit bunten Holztieren geschmückte Mini-Promenade bietet Geschicklichkeitsspiele für Gäste im Kindergartenalter.
Zukunftsvisionen
Ob die Attraktion auch im kommenden Jahr besucht werden kann, weiß Andres noch nicht. Besonders die Hitzeperioden sorgen für Planungsunsicherheit.
Kukuruz-Labyrinth
Der Irrgarten der Familie Andres ist bis Ende September täglich von 9 bis 18.30 Uhr geöffnet und teilt sich in zwei Abschnitte: das Niederösterreich- und das Österreich-Labyrinth.
Rätsel
Auf beiden Flächen können Rätsel in drei unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden gelöst werden: Grün für Kinder im Volksschulalter, Gelb für Mittelschule und Unterstufe sowie Rot für Oberstufe und Erwachsene.
Weitere Infos unter kukuruz-labyrinth.at
Sollte sich die Familie doch dafür entscheiden, stehe bereits fest: Die verwinkelten Wege sowie die Go-Kart-Strecke bekommen eine neue, ausgefallene Form. Auch der Rätselschwerpunkt wird ein anderer sein. Außerdem möchte der Landwirt sein Freizeitangebot um einen Aussichtsturm erweitern, „damit man den Überblick über den Mais bekommt“.
Halloween-Special geplant
Konkreter sind die Pläne für den Herbst. Andres feilt aktuell an einem "vorgezogenen Halloween-Special".
Am Wochenende nach dem letzten offiziellen Öffnungstag bleiben die sprichwörtlichen Tore des Irrgartens nach Sonnenuntergang geöffnet. In der Dunkelheit erwarte die Gäste ein "gruseliges, abenteuerliches Highlight", beschreibt der 47-Jährige. Die Rede ist etwa von an Drohnen befestigten, fliegenden Puppen und von vielen LED-Lichtern.
Die genaue Zukunft des größten Mais-Labyrinths in Österreich ist aber noch ungewiss. An kreativen Einfällen dürfte der Fortbestand jedenfalls nicht scheitern.
von Kristina Leitner
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