„Lohn statt Taschengeld“ ist das Ziel

Große Ziele im „Wir4di“: Philipp (l.) will die Lehre abschließen, David Habichler fairere Jobs schaffen
Klienten mit Handicaps bietet die Lebenshilfe NÖ in Amstetten im neuen Lokal „Wir4di“ die Chance zur Weiterentwicklung. Faire Bezahlung soll Teil der Inklusion werden

Der Weg von Menschen mit besonderen Bedürfnissen in den ersten Arbeitsmarkt ist steinig und vielfach gar nicht schaffbar. Mit einem mutigen und sympathischen Pilotprojekt versucht die Lebenshilfe Niederösterreich ihren Klienten in Amstetten diesen Weg aufzubereiten. Mit einem neuartigen Kaffeehaus soll auch Pionierarbeit zu mehr Inklusion geleistet werden.

Mitten im Einkaufszentrum CCA hat die Lebenshilfe das Café „Wir4di“ eröffnet. Acht speziell trainierte Schützlinge mit Handicaps wickeln hier mit drei Gastro-Profis in Diensträdern den Betrieb des Kaffeehauses und eines Shops mit Erzeugnissen aus vielen der 26 Werkstätten im westlichen NÖ ab.

„Lohn statt Taschengeld“ ist das Ziel

Werkstätten beliefern "Wir4di"

„Ich bin gerne mit Kunden zusammen und mag es, wenn ich Getränke servieren darf“, sagt der 20-jährige Philipp, der Mitglied der Lebenshilfe-Werkstätte in Neumarkt/Ybbs ist. Im „Wir4di“ finde er seine Erfüllung, freut er sich. Das nächste Ziel ist jetzt, seine abgebrochene Koch-Kellnerlehre positiv abzuschließen, ist Philipp voll motiviert.

Lebenshilfe-Manager David Habichler sieht auch Chancen dafür. Gut möglich, dass Philipp ein Kandidat für eine Anstellung nach dem Gastro-Kollektivvertrag wird, sagt Habichler. Nicht das monatliche Taschengeld von 85 Euro, wie es in den therapeutischen Werkstätten bezahlt wird, sondern einen ordentlichen Lohn auszahlen zu können, sei eines der Ziele des Projekts.

Gut angelaufen

Höchst erfreulich sei der Betrieb im „Wir4di“ angelaufen, berichtet Habichler. Mit einem Verkaufsstand fand die Lebenshilfe im CCA bereits im vergangenen Jahr Anklang. „Dann ergab sich die Chance, das Café zu realisieren“, erzählt der Regionalmanager, der für 26 Mostviertler Werkstätten zuständig ist. Die meisten Werkstattteams sind auch stolze Lieferanten und Gäste im Lokal. So kommt etwa das verwendete Kaffeegeschirr aus der Scheibbser Keramikwerkstatt. Im „Wir4di“-Shop findet man Spezialitäten, wie eingelegtes Gemüse oder Marmeladen. Auch Bastelarbeiten kommen aus den Werkstätten. Spezielle Frühstücks- und Mittagsangebote, eine breite Getränkeauswahl und Süßes, von Mehlspeisen bis zu Eisspezialitäten werden kredenzt.

„Lohn statt Taschengeld“ ist das Ziel

Kaffeegeschirr kommt aus der eigenen Keramik-Werkstätte in Scheibbs

Den im „Wir4di“ arbeitenden Klienten versuche man mit pädagogischem Know-how und Kniffen unter die Arme zu greifen, erzählt Habichler. So gibt es für Kellner spezielle Servicetassen, damit nichts verschüttet wird. Ebenfalls in einer der eigenen Werkstätten produziert werden Speisekarten, auf denen der Gast seine Wünsche einfach ankreuzt. Das Bedienpersonal muss sich dann nicht mit dem Lesen abmühen.

„Wir sind kein gefördertes Arbeitsprojekt und wollen in jedem Fall positiv wirtschaften“, schildert Habichler. Dem CCA-Management ist er deshalb für das Entgegenkommen bei der Miete sehr dankbar.

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