Lobautunnel: Im Straßenstreit mischen nun auch die Anwälte mit
Es ist erst ein paar Wochen her, da standen Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) in St. Pölten gemeinsam vor der Kamera. Es gab gegenseitiges Lob und man pries das Klimaticket.
Doch das Lächeln der beiden Politiker könnte nur aufgesetzt gewesen sein.
Denn zwischen Wien und Niederösterreich tobt seit Monaten ein heftiger Streit um mehrere Straßenprojekte, die das Land NÖ unbedingt umsetzen will. Während Schleritzko Tempo macht, steht Gewessler auf der Bremse – und lässt prüfen. „Mehr Straßen führen zu mehr Verkehr. Deshalb gilt es, bessere Lösungen suchen“, sagt dazu Ministerin Gewessler auf KURIER-Anfrage.
Dem Land NÖ dauert das alles aber zu lange und hat deshalb nun eine Einstellung der „Strategischen Prüfung Verkehr“ (SP-V) zur Wiener Außenringschnellstraße (S1) mit dem Lobautunnel in Wien beantragt. Die Kosten für das Mega-Bauvorhaben werden von der Asfinag auf rund 1,9 Milliarden Euro geschätzt, 147 Millionen Euro wurden bereits für Vorleistungen ausgegeben.
„Gesetzeswidrig“
Es handelt sich dabei aber um mehr als nur eine Bitte Schleritzkos, denn das Land beauftragte die Kanzlei Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH, den Prozess unter die Lupe zu nehmen.
Das Ergebnis liegt nun vor: Das Verfahren sei unter anderem deshalb gesetzeswidrig, weil es „in deklarierter Weise nicht ergebnisoffen geführt wird“, heißt es. Und weiter: Die „Strategische Prüfung“ solle nur die Voraussetzung dafür schaffen, damit Gewessler das Projekt aus dem Gesetz streichen könne.
„Das Projekt S1 ist seit mehr als 20 Jahren im geltenden Bundesstraßengesetz enthalten, wurde jahrelang geprüft und muss nun vom Bund zur Entlastung vom Durchzugsverkehr so rasch als möglich umgesetzt werden“, betont Schleritzko.
Genauso erwarte sich die Bevölkerung des Marchfeldes vom Bund eine rasche Errichtung der Marchfeld Schnellstraße (S8), fügte der Mobilitätslandesrat hinzu.
Der Konter aus der Bundeshauptstadt ließ am Donnerstag allerdings nicht lange auf sich warten.
„Das Verfahren entspricht genau den gesetzlichen Vorgaben des SP-V-Gesetzes. Es werden verschiedene Alternativen geprüft und ihre Auswirkungen mit der S1 inklusive Lobautunnel verglichen“, heißt es aus dem Büro der Verkehrsministerin. Nachdem gestern die Frist für die Abgabe von Stellungnahmen endete, wird nun an der Erstellung eines Umweltberichtes gearbeitet.
Heftige Kritik aus Wien
Während in Niederösterreich über rechtliche Schritte gegen Gewessler noch nicht laut gesprochen wird, ist die Stimmungslage in Wien schon eine deutlich andere. FPÖ-Verkehrssprecher Toni Mahdalik forderte am Donnerstag eine „juristische Reaktion“, ÖVP-Landesparteiobmann Karl Mahrer betonte, dass „der Rechtsstaat nicht weiter durch grüne Ideologie gebeugt werden darf“.
Als „reine Willkür“ bezeichnet die Wiener SPÖ-Mobilitätsstadträtin Ulli Sima den langwierigen Prüfungsprozess im grünen Verkehrsministerium.
„Solange es einen rechtskräftigen Beschluss des Nationalrates gibt, der den Bau der S1 vorsieht, sind alle Versuche, das Projekt – über welches Verfahren auch immer – zu ändern, schlichtweg gesetzeswidrig. Wenn Ministerin Gewessler die S1 nicht bauen will, soll sie dafür eine Mehrheit im Nationalrat finden. Ansonsten sind Beschlüsse des Parlaments durch Minister umzusetzen“, so Sima.
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