Lange Wartelisten im Kinderschutzzentrum
Betreiber der Zentren hoffen auf mehr Geld.Therapie und Prävention rechnet sich für die Gesellschaft. Fachtagung in Amstetten.
Körperliche und sexuelle Gewalt gegen Kinder ist allgegenwärtig. Mit 453 Klienten betreute das Kinderschutzzentrum "Kidsnest" in Amstetten im Vorjahr 55 Personen mehr als 2014. Im alten Internat der Berufsschule hat die Stadt der seit 15 Jahren für das westliche Mostviertel aktiven Einrichtung nun mietfrei größere Räume spendiert. Drei Therapiezimmer stehen jetzt zur Verfügung. Um lange Wartelisten aufzuarbeiten, bräuchte es aber auch von anderen öffentlichen Stellen noch deutlich mehr Unterstützung.
Das Unrechtsbewusstsein und der Wille zur Änderung von Gewaltsituationen in Familien habe sich in den vergangenen Jahren verstärkt, sagt die Leiterin des Kidsnest, Theresia Ruß. "60 Prozent der Klienten suchen selbst freiwillig den Kontakt zu uns. Der Rest wird über Schulen oder Kindergärten vermittelt", berichtet Ruß.
Unter den 2015 betreuten Personen waren 171 Kinder. Schwere Krisenfälle werden immer vorgezogen. Opfern wird dabei vom sechsköpfigen Betreuerinnenteam von der psychosozialen Betreuung und Therapie bis zur Prozessbegleitung volle Unterstützung zuteil. Würden die NÖ Kinderfreunde nicht jährlich beträchtliche Extra-Summen in ihre drei Schutzzentren in NÖ stecken, wäre der Betrieb schwer möglich, erklärt Geschäftsführer Bernhard Wieland. Gemeinsam mit der Organisation Möwe, dem zweiten NÖ-Betreiber mit vier Einrichtungen, wird man beim Land um höhere Fördermittel anklopfen. Wieland: "In Niederösterreich gibt es mit dem Kinder- und Jugendhilfeplan ein wertvolles Instrument. Aber schaut man sich die Kinderheit von aktuellen Straf- und Gewalttätern an, dann waren diese in ihrer Kindheit meistens selbst Opfer". Mit intensiver Betreuung junger Opfer oder schwierigen Situationen in Problemfamilien könnte sich die Gesellschaft später sehr viel Geld ersparen, sind Wieland und Ruß überzeugt.
Fachtagung Das 15-Jahrjubiläum und der Umzug in das neue großzügigere Kidsnest im ehemaligen Berufsschulinternat in der Anzengruberstraße wird am Donnerstag der nächsten Woche entsprechend gefeiert. Im Amstettener Kidsnest geht von 10 bis 14 Uhr ein "Tag der offenen Tür" über die Bühne. Ab 15 Uhr steigt im Amstettener Arbeiterkammersaal die Fachtagung "Sexueller Missbrauch und ihre Folgen...". Das Referenten-Podium ist prominent besetzt: So wird die Forensikerin und Primarärztin Heidi Kastner, die unter anderem Gutachterin im Prozess um den Amstettener Mörder und Inzuchtvater Josef Fritzl war, einen Vortrag halten. Ebenfalls auftreten wird der Chef der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Landeskrankenhaus Tulln, Primar Paulus Hochgatterer. Adele Lassenberger, die Obfrau die Bundesverbandes der Kinderschutzzentren wird einen Österreich-Überblick geben.
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