Landesverweis für Steinwild

Landesverweis für Steinwild
Artfremde Kolonie auf der Hohen Wand (NÖ) soll nach Salzburg verlegt werden

Der Alpensteinbock gehört – wie der Name schon sagt – in hochalpines Gelände, aber nicht auf die Hohe Wand (1000 Meter Seehöhe) in NÖ. Die auf über 85 Stück angewachsene Kolonie ist in dem Lebensraum artfremd und richtet enormen ökologischen Schaden an. Nach dem angeordneten Abschuss von 30 Exemplaren lässt die nö. Umweltanwaltschaft mit einem unorthodoxen Vorhaben aufhorchen. Ein Teil der Tiere soll in ein hochalpines Revier der Bundesforste nach Altenmarkt/Zauchensee verlegt werden. Bevor es aber so weit ist, müssen jedoch die Grundeigentümer und Jagdpächter auf der Hohen Wand zustimmen. Und dort hält sich die Begeisterung in Grenzen.

Nachdem Ende der 80er-Jahre einige Stück Steinwild aus einem Gatter ausgebrochen sind, vermehren sich die Tiere auf der Hohen Wand sprichwörtlich wie die Karnickel. Die Folgen für das Naturschutzgebiet sind verheerend. Der Verbiss ist so groß, dass Pflanzenarten und der Schutzwald in Gefahr sind. „Wenn man das Natura-2000-Gebiet retten möchte, dann kann die Lösung keine sanfte sein“, erklärte Wildökologe, Martin Forstner.

Die zuständigen Bezirkshauptmannschaften Wr. Neustadt und Neunkirchen reagierten mit einem Abschussbescheid für neun Tiere 2011, zwölf Exemplare 2012 und zuletzt 30 Stück. Diese wurden auch bis 31. Dezember erlegt. „Allerdings ist das gerade einmal der Zuwachs, der damit abgeschöpft wird“, sagt Landesjägermeister-Stellvertreter Werner Spinka. Die Jägerschaft tritt dafür ein, die Abschussquote zu erhöhen. „Es geht nicht darum, das Steinwild auszurotten, sondern auf ein erträgliches Maß zu reduzieren“, so Spinka.

Lebendfallen

Martin Forstner und der nö. Umweltanwalt, Harald Rossmann, verfolgen andere Pläne. Forstner hat alle notwendigen Gutachten für einen Lebendfang samt Verkauf der Steinböcke eingeholt. „Die Bundesforste haben ein Gebiet in Zauchensee, wo die Tiere gut hinpassen würden“, erklärt Rossmann. Auch die Kosten für den Fang, die veterinärmedizinische Überwachung und den Transport nach Salzburg wären demnach gedeckt. „Ganz ohne Abschüsse wird es aber nicht gehen“, so der Umweltanwalt.

Die Grundeigentümer und Jagdpächter stehen den Plänen skeptisch gegenüber. Ein Lebendfang wäre ein massiver Eingriff in jedes Revier. „Außerdem ist der Lebendfang laut Jagdgesetz nur zu wissenschaftlichen Zwecken erlaubt“, sagt Spinka. Dieser ist laut Rossmann gegeben. Es handelt sich um einen Versuchsbetrieb der Bundesforste.

Auch nördlich von Wien gibt es eine Debatte um Steinböcke. Vor Weihnachten häuften sich die Meldungen über Sichtungen in den Bezirken Hollabrunn und Korneuburg. „Die Tiere treiben sich in der ganzen Gegend herum. Es kennt sich keiner mehr aus, wo die herumgaloppieren“, sagt ein Polizist.

Auch an den ersten Jänner-Tagen wurden ausgewachsene Böcke neuerlich am Stadtrand von Hollabrunn und im nahen Immendorf gesehen. Durch die großen räumlichen Distanzen der Sichtungen gehen Experten mittlerweile von mindestens zwei Tieren aus.

Im Jagdreferat der Bezirksbehörde Hollabrunn werden jetzt die Sichtungen gesammelt. Noch weiß niemand, wie man mit den nicht heimischen Alpentieren umgehen soll.

„Es gibt keine Abschussverordnung“, sagt Bezirkshauptmann Stefan Grusch. Dafür würden die Grundlagen fehlen. „Es gibt keine Meldungen über Schäden“, ergänzt Grusch. Der einzige Schaden, den ein Bock beim Überqueren der Straße in Immendorf verursacht hat, war eine Delle an einem Auto. Das Tier überstand den Crash aber unverletzt und konnte flüchten.

Für den Fall der Fälle liegt ein Narkosegewehr bereit. „Ich kann den Amtstierarzt nicht eine Woche auf die Lauer legen lassen“, sagt der Bezirkshauptmann. Bezirksjägermeister Karl Wittmann hält das Einfangen per Narkose auch nicht für das richtige Mittel. „Vielleicht kann man die Tiere in ein Gehege treiben.“

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