Marillen-Krise: "Werden eine sehr, sehr kleine Ernte haben"
Bei den Wachauer Marillen rechnet man mit nur zehn Prozent der Normalernte. Der durch den Frost in NÖ entstandene Schaden beträgt laut Hagelversicherung zehn Millionen Euro
Es waren für die Marillenbauern in Niederösterreich harte Nächte Anfang April. Jene, die es konnten, haben angesichts der Minusgrade versucht, die Blüten mit Öfen zu schützen. Die Temperaturen waren allerdings so lange so niedrig, dass man große Ernteeinbußen hinnehmen muss. Manche Gärten bleiben vollkommen leer. Andere Betriebe haben wohl für den Eigenverbrauch und die Weiterverarbeitung genug. Verkauf am Stand wird es wohl kaum geben.
"Massiv ausgedünnt"
„Wir werden eine sehr, sehr kleine Ernte haben. Der Frost hat massiv ausgedünnt“, sagt Franz Reisinger, Obmann des Vereins Wachauer Marille. Er könne nicht genau sagen, mit wie viel Ernteausfall man rechnen muss. Aber: „Wir haben schon sehr lange nicht mehr so wenige Marillen gehabt.“ Noch dazu gäbe es Spätfolgen des Frosts. Es kommt zu einem sogenannten Junifruchtfall. Das bedeutet, dass gewisse Früchte erst später abfallen, weil sie nicht mehr wachsen. Diesen Schaden könne man nicht immer sofort feststellen, sondern müsse abwarten.
„Das ist das Fragezeichen, das noch übrig bleibt. Die Stimmung ist sehr gedrückt und viele sind deprimiert, weil die normale Arbeit hat man ja weiter im Marillengarten. Beim Baumschnitt sogar noch mehr, wenn keine Früchte auf dem Baum sind. Es ist für unsere Kundschaft nicht angenehm, wenn wir keine Marillen haben, aber natürlich für die Bauern auch nicht“, sagt Reisinger.
Genaue Zahlen kann man auch bei der Landwirtschaftskammer Niederösterreich nicht sagen. Wolfgang Lukas, Leiter der Abteilung Obstbau, geht aber fix davon aus, dass der Schaden in der Wachau ein größerer ist als im Weinviertel, wo auch viele Marillenanbaugebiete liegen. Wie schwer die Bauern betroffen sind, hänge stark von der Lage ab. „Es gibt Lagen, da findet sich nicht ein einziges orange blinkendes Ding. In der Wachau wird man höchstens zehn Prozent der Normalernte verzeichnen“, sagt Lukas. Im Weinviertel sei es eine Spur besser. Da geht er von 30 bis 40 Prozent der Normalernte aus. „Das sind natürlich massive Einbußen.“
Mehr als frustrierend
Selbst für Betriebe, die gut versichert sind oder – wie die meisten – ein zweites Standbein haben, ist die Situation mehr als frustrierend. Die Arbeit bleibe dennoch. Außerdem habe jede und jeder lieber „einen Ertrag als eine Versicherungsprämie“.
Nach den Frostnächten geht man bei der Österreichischen Hagelversicherung österreichweit weiterhin von 35 Millionen Euro Schaden im Obstbau aus. „So gab es in disponierten Lagen im Burgenland, in Niederösterreich und der Steiermark Nächte mit bis zu minus acht Grad. Die Konsequenz der frühen Vegetation einerseits und der tiefen Temperaturen anderseits: Die prognostizierten Frostschäden haben den Obstbau – hier vor allem das Steinobst mit den Marillen, Zwetschken, Nektarinen und Kirschen, teilweise auch das Kernobst mit Äpfeln und Birnen – schwer getroffen“, sagte Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung, zu einer ersten Bilanz.
Die Ergebnisse gelten auch weiterhin – mit einer Ergänzung für Niederösterreich: Dort rechnet man mit Schäden von zehn Millionen Euro. Die meisten Bauern würden eine Frostversicherung abschließen. Denn das Risiko dafür habe zugenommen, heißt es vonseiten der Hagelversicherung.
Labels sollen qualitative Herkunft zeigen
Besondere regionale Handwerksprodukte sollen künftig ein EU-Qualitätssiegel bekommen. Damit würden traditionelle handwerkliche und industrielle Produkte wie Schmuck, Textilien, Glas oder Porzellan den geschützten geografischen Angaben für Lebensmittel gleichgestellt werden, wie die EU-Staaten nach einer Einigung von Unterhändlern des Europaparlaments und der EU-Länder in der Nacht zum Mittwoch mitteilten. Parlament und EU-Staaten müssen der Einigung noch formell zustimmen.
Bisher gibt es Herkunftslabel nur für regionale Spezialitäten wie Parmesan, Champagner, Wachauer Marillen, Tiroler Graukäse oder Steirisches Kürbiskernöl. Die nun erfolgte Einigung auf ähnliche Label für handwerkliche Produkte wie Gmundner Keramik geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission zurück. Diese erhofft sich von dem Vorhaben auch, dass mehr Touristen in die Produktionsorte kommen, Arbeitsplätze geschaffen werden und die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit der Regionen gesteigert wird.
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