Krater beim Semmeringtunnel: Vertrauen in die ÖBB erschüttert

Horst Reingruber von der Bürgerinitiative vor dem Krater
Tunnel-Projektleiter gestand ein, dass solche Zwischenfälle passieren können. Die Anrainer waren allerdings nicht gewarnt.

Der riesige Erdkrater über der Baustelle des Semmering-Basistunnel im niederösterreichischen Aue bei Gloggnitz hat das Vertrauen der Bevölkerung in die ÖBB und das Projekt erschüttert. Besonders die Vorgangsweise, den Zwischenfall möglichst nicht publik werden zu lassen und „intern“ regeln zu wollen, ist für die dortige Bürgerinitiative BISS ein „Affront aller erster Güte“, sagt Sprecher Horst Reingruber.

Brief der ÖBB geht nach hinten los

Als der im Durchmesser zehn Meter große und fast zehn Meter tiefe Erdkrater nur 200 Meter von der Wohnsiedlung in Aue am Wochenende im Wald entdeckt wurde, dachte Anrainer Josef Ehrenhöfer sofort an den Tunnelbau unter seinem Grund und Boden. Die Röhren führen nur 30 Meter unter seinem Haus durch die Ortschaft. Die ÖBB waren anfangs sehr bemüht, den Fall „ohne mediales Aufsehen“ zu regeln. Erst durch den KURIER wurde die Angelegenheit öffentlich.

Krater beim Semmeringtunnel: Vertrauen in die ÖBB erschüttert

Gerhard Gobiet, ÖBB-Projektleiter, zeigt den Bau der Verbindung zwischen zwei Tunneln

Eingeständnis

Dass ÖBB-Projektleiter Gerhard Gobiet nun eingesteht, dass man auf Grund des heterogenen Gesteinsmaterials mit so einem Zwischenfall und Einbruch beim Tunnelbau rechnen musste, sorgt bei der Bürgerinitiative und den Anrainern nur noch für Kopfschütteln.

„Wir leben hier mit unseren Familien und Kindern. Es wurde jahrelang wegen des Tunnels verhandelt. Aber in all dieser Zeit hat niemand auch nur einmal erwähnt, dass an der Oberfläche solche Krater entstehen können. Wir waren nicht gewarnt“, sind die Bewohner fuchsteufelswild. Sie führen sich hinters Licht geführt.

„Wenn wir das gewusst hätten, wären wir ausgezogen, als die Röhren 30 Meter unter unserer Ortschaft durchgebaggert und gesprengt wurden“, sagt ein Anrainer, der lieber anonym bleiben möchte.

Krater beim Semmeringtunnel: Vertrauen in die ÖBB erschüttert

Betonarbeiten in einer der Röhren

ÖBB-Projektleiter Gerhard Gobiet betont, dass die Ortschaft, die Häuser und die Bewohner nie in Gefahr waren. Das Gesteinsmaterial in diesem Abschnitt sei wesentlich kompakter und nicht anfällig auf Ausbrüche, so Gobiet.

In einem sollten die Tunnelgegner und der Geologe der Umweltschutzorganisation „Alliance for Nature“, Josef Lueger, Recht behalten. Der Wasserhaushalt am Semmering ist - durch den derzeit 3,5 Kilometer weiten Tunnel-Vortrieb vom Portal in Gloggnitz aus - ordentlich aus dem Gleichgewicht geraten.

In Gloggnitz-Aue sind bereits Wasserquellen versiegt. Auch bei dem Einbruch der Tunneldecke zu Ostern war ein massiver Wassereintritt an dem Zwischenfall Schuld. Ein Sachverständiger ist deshalb auch am Mittwoch in Gloggnitz, um die aktuelle Lage zu begutachten.

ÖBB: Krater wird wieder aufgefüllt

Die ÖBB ließen am Mittwochnachmittag wissen, dass sich die Wasserzutritte untertags im Vortrieb Gloggnitz auf eine Gesamtwassermenge von etwa 25 Liter pro Sekunde auf beiden Gleisen belaufen. Die Wasserzutritte würden laut Sprecher Christopher Seif innerhalb der hydrogeologischen Prognosen, welche prognostiziert und von den Behörden so genehmigt wurden, liegen.

Die ÖBB seien in enger Abstimmung und ständigem Austausch mit der Behörde. Auch Vertreter des Verkehrsministeriums hatten sich ein Bild am Mittwoch vor Ort gemacht.

"In Abstimmung mit der Behörde wird der Krater noch diese Woche bis zur Oberfläche wieder mit Grobschlag aufgefüllt. Das sind Steine mit einem Durchmesser von sechs bis zwanzig Zentimeter", fuhr Seif fort.

In den nächsten Tagen würden die Anrainer über den aktuellen Stand und den weiteren Verlauf informiert werden. Es werde ihnen erklärt, dass die Sicherheit nach wie vor gegeben sei.

 

Riesiger Krater über dem Semmeringer Basistunnel

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