Kirche zu verkaufen: Vier Bewerber im Rennen um Gotteshaus in NÖ

Wenn die Kirche Hirschwang verkauft wird, dann ohne sakrale Gegenstände.
Erzdiözese Wien trennt sich schon wieder von einem Gotteshaus in Niederösterreich. Die Nachfrage nach dem Objekt ist größer als erwartet.

Weniger Katholiken, weniger Taufen, Trauungen, Erstkommunionen und allgemein weniger Menschen, die Gottesdienste besuchen: Die römisch-katholische Kirche befindet sich in Österreich mitten in einem massiven Strukturwandel. Die Zahl der Katholiken ist österreichweit am absteigenden Ast. 4,6 Millionen Mitglieder zählte man zuletzt – vor zehn Jahren waren es noch mehr als 5,2 Millionen. Auf zu wenig Gläubige kommen zu viele Immobilien. Die Erzdiözese Wien sucht deshalb neue Besitzer für Kirchen, die zu verwaisen drohen.

Entscheidung noch im November?

Eines dieser Gotteshäuser liegt am Fuße der Rax. In der Pfarre Edlach steht die Filialkirche Hirschwang wie berichtet zum Verkauf. Die neue Nutzung des Gotteshauses darf sich nicht gegen die Interessen und Grundsätze der römisch-katholischen Kirche richten. Damit scheiden einige Projekte von vornherein aus. Auch unter diesen besonderen Voraussetzungen stehen die Chancen sehr gut, dass die Erzdiözese einen Käufer für die Kirche samt Pfarrhof findet. Vier ernst zu nehmende und seriöse Interessenten, die an der Angebotslegung teilgenommen haben, sind nach einem Auswahlverfahren noch im Rennen um den Zuschlag für die eher ungewöhnliche Immobilie. Eine Entscheidung soll noch im November fallen.

Eine moderne Kirche mit einem Turm und einem Kreuz unter blauem Himmel.

Das Gotteshaus in Hirschwang an der Rax steht zum Verkauf

Kirche ist 240.000 Euro wert

Wie es vonseiten der Erzdiözese Wien heißt, schaffte es die Pfarre wirtschaftlich nicht mehr, die teuren Sanierungs- und Instandhaltungskosten des Gebäudes zu tragen. Laut Verkehrswertgutachten liegt der Wert der Kirche samt ehemaligem Pfarrhaus, das schon als Kindergarten und zu Vereinszwecken genutzt wurde, bei 240.000 Euro. Dem stehen dringende Sanierungskosten von gut 150.000 Euro gegenüber.

Die Kirche samt Nebengebäude steht nicht unter Denkmalschutz, Teile der Liegenschaft sind als Bauland und Teile als Grünland gewidmet. Theoretisch wäre es sogar möglich, das Gotteshaus dem Erdboden gleichzumachen. Nach derzeitigem Stand hat dies aber keiner der übrig gebliebenen Interessenten vor, erklärt Diakon Norbert Mang.

Es handle sich um vier ernst zu nehmende Projektwerber, die noch im Rennen um die Kirche sind. Ihre Ideen und Vorstellungen sind unterschiedlich und reichen vom Umbau zu einem Seminarzentrum, über eine Veranstaltungsstätte für Kunst und Kultur bis zur Beibehaltung des ursprünglichen Zwecks als Kirche. Die Pfarre Edlach hofft jedenfalls, dass die Kirche als Sakralraum erhalten bleibt, so Mang.

Ausgeschieden ist definitiv eine serbisch-orthodoxe Interessentengruppe, die sich ebenfalls um das Objekt bemühte. Wegen ihrer Russland-Nähe hat die Kirche Abstand davon genommen, die Gespräche mit den Vertretern weiter zu verfolgen.

Symbolischer Akt

Im Falle eines Verkaufes steht die Profanierung des Gebäudes an. So wird die "Entwidmung“ oder Schließung eines sakralen Gegenstandes bzw. Gotteshauses bezeichnet. In der Regel geht der Profanierung ein letzter Gottesdienst voraus. Hirschwang ist übrigens kein Einzelfall. Laut Erzdiözese Wien stehe man am Beginn eines Prozesses, der auch andere Verkäufe und Nutzungsformen von Objekten der Kirche nicht ausschließe.

2022 trennte sich die Erzdiözese bereits von der Augustinerkirche in Korneuburg, 2024 von der Kirche St. Michael in Mödling. Und auch die Tage der Herz Jesu Kirche in Mödling scheinen gezählt. Gegen die Verkaufspläne regt sich allerdings Widerstand.

Folgende Gotteshäuser wurden laut Auskunft der Erzdiözese Wien in den vergangenen Jahren an private Personen oder andere Glaubensgemeinschaften veräußert:

  • 2015 Maria vom Berge Karmel in Wien-Favoriten (gehörte dem Karmeliterorden, war aber als Pfarrkirche in Verwendung) an die syrisch-orthodoxe Kirche
  • 2016 Maria vom Siege in Rudolfsheim-Fünfhaus an die koptisch-orthodoxe Kirche
  • die sogenannte Voestkirche: die ehemalige Filialkirche „Maria, Hilfe der Christen“ der Pfarre Stadlau. Sie wurde 1980 eingeweiht. Die mit Hilfe der Voest umgesetzte Stahlbauweise hat sich als nicht nachhaltig herausgestellt. 2019 war die Kirche unbenützbar geworden und galt als unsanierbar, weshalb sie verkauft und abgetragen wurde.
  • 2022 Pfarrkirche am Schöpfwerk in Wien-Meidling an die serbisch-orthodoxe Kirche
  • 2023 Augustinerkirche in Korneuburg: Verkauf an die Ventana Holding GmbH. Ehemalige Kirche des Augustinerklosters, das bis 1808 bestand und dann über Umwege in die öffentliche Hand übergeführt wurde. Die Kirche (nicht aber das Klostergebäude) wurde 1964 an die Erzdiözese überführt. Da die Kirche ganz nahe bei der Pfarrkirche liegt und keine brauchbaren Nebenräume aufweist, hat sie nie eine unverzichtbare Aufgabe für die Pfarrgemeinde entwickeln können. Als die Stadtgemeinde das Klosterareal nach einem Bieterverfahren an einen Immobilienentwickler verkaufte, hat deshalb die Erzdiözese auch die Kirche mitverkauft. Das Areal wird zu einer Wohn-, Arbeits- und Begegnungszone ausgebaut, wobei die Kirche unter Bedachtnahme auf den Denkmalschutz zu einem Kultur- und Veranstaltungsraum wurde.
  • 2024 St. Michael in Mödling wurde an die rumänisch-orthodoxe Gemeinde übergeben
  • 2025 Dreimal wunderbare Muttergottes im 10. Bezirk wurde an eine Privatperson verkauft, die die ehemalige Kirche als Atelier nutzen wird.

Jeder soll Gottesdienst in seiner Umgebung besuchen können

In einer Stellungnahme der Erzdiözese Wien heißt es: "Unser Ziel ist es die Strukturen so auszurichten, dass auch in Zukunft Menschen seelsorgliche Angebote in ihrer Nähe nutzen können. Kirchen zu schließen und abzugeben ist nur der letzte Schritt und passiert nur, wenn es vor Ort keine lebendige Gemeinde mehr gibt, die das Pfarrleben gestalten kann. Wichtig ist uns als Diözese, dass jede und jeder in seiner Umgebung einen Gottesdienst besuchen kann."

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