Kilian Kleinschmidt: "Es gibt nichts Perfektes"
Kilian Kleinschmidts Händedruck ist kräftig, sein Blick signalisiert Entschlossenheit. Seine Art zu reden, ist verbindlich – diese Mischung aus Besonnenheit und Temperament wirkt einnehmend. Und er lacht gern. Der Mann hat zweifellos Charisma.
Der 53-Jährige gilt als einer der profiliertesten Krisenhelfer weltweit. 25 Jahre lang war er für die UN ( Vereinten Nationen) in Konfliktzonen wie Somalia, Kongo, Ruanda, Sri Lanka oder dem Kosovo im Einsatz. Zuletzt leitete er ein Flüchtlingslager mit mehr als 80.000 Syrern in Zaatari in Nord-Jordanien.
Seit seinem Abgang 2014 vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR ist er – dank seiner Erfahrungen und des internationalen Netzwerks, das er sich im Lauf der Jahrzehnte aufbauen konnte – als Berater enorm gefragt. Diese Woche sind auch seine Memoiren "Weil es um die Menschen geht" erschienen.
Er sehe sich nicht als Kontrollor, sondern als jemand, der Ideen findet und Impulse setzt. Und das möglichst an der Seite des Innenministeriums und in Kooperation mit Flüchtlingskoordinator Christian Konrad. Sein Credo dabei: "Jeder Prozess ist verbesserungswürdig, es gibt nichts Perfektes." Ausschlaggebend sei, Entscheidungen zu treffen und nicht auf einem Status quo zu beharren. Dazu sei eine gewisse Distanz manchmal ganz nützlich – deshalb habe auch nicht vor, sich täglich in Traiskirchen aufzuhalten.
An seine Aufgabe geht er mit großer Zuversicht. "Ich sehe Traiskirchen als sehr lösbaren Fall an", betont Kleinschmidt. Er wolle rasch mithelfen, einen wirksamen Aktionsplan zu schmieden. Vergleiche etwa mit dem Flüchtlingslager in Zaatari anzustellen sei allerdings schwer möglich. "Der Unterschied beträgt nicht nur 76.000 Menschen." Er habe außerdem in jungen Jahren mit Freunden eine Ziegenherde besessen und Ziegenkäse produziert. "Von daher weiß ich, dass es oft einfacher ist, 100 Ziegen zu haben als zehn."
Traiskirchen sei auch ein reines Transitlager und kein "Abstelllager" und es gibt dort sehr viele unterschiedliche Nationalitäten. "Es müssen Lösungen gefunden werden, die verhindern, dass nicht 1500 Jugendliche den ganzen Tag dort nur herumhängen." Es sei zu überlegen, wie man den Menschen dort wieder Selbstwertgefühl vermitteln kann. "Es geht mir dabei um Menschenwürde."
Kleinschmidt will sich jedoch nicht nur um Traiskirchen, sondern um die Flüchtlingsunterbringung insgesamt in Österreich Gedanken machen. "Wir müssen unbedingt weg von der Massenhaltung."
Am Allerdringendsten sei nun aber, endlich die Polemik im Zusammenhang mit der Flüchtlingsproblematik wegzukriegen. Kleinschmidt: "Es wäre wichtig, bestehende Klüfte zu überwinden, die völlig unnötig sind. Es hilft doch niemandem, wenn man verbal ständig aufeinander einschlägt, so wie das in den vergangenen Tagen passiert ist."
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