Kasperlkiste rollt: Österreichs jüngster Kasperltheater-Spieler

Raphael Kovarik
Raphael Kovarik ist Österreichs jüngster Kasperltheater-Spieler, mit seiner mobilen Bühne tourt er durchs Land.

„Seid ihr alle daaaaaa?“ – Der Kasperl klatscht erwartungsvoll in seine Hände. Als Antwort erhält er ein lautes „Jaaaaa“ von seinem Publikum. 

Das Publikum: Kinder ab 3 Jahren, aufgeregt und hoch konzentriert. Und dann geht es los – der Kasperl nimmt es mit einem Bösewicht auf, die Kinder helfen ihm dabei, dass die Geschichte ein gutes Ende nimmt.

Doch wer hat da seine Hände im Spiel: Raphael Kovarik, 26 Jahre alt, aus Hollabrunn. Er ist Österreichs jüngster Kasperlspieler. Dabei hat er schon über zehn Jahre Bühnenerfahrung. Mit 14 Jahren feierte er mit seiner ersten Kasperlgeschichte Premiere in einem Saal in der Heimat. Dabei hat er selbstgefertigte Puppen dabei und seine Oma. 

„Sie hat mir hinter der Bühne geholfen“, erzählt Kovarik in seiner Wiener Wohnung. Neben ihm sind die Frau Bürgermeisterin, die Kräuterfrau, der Zirkusdirektor und das Krokodil aufgereiht. „Der Kasperl ist nicht da, der ist in der Puppenkiste im Auto“, sagt er und steckt sich die Großmutter an die Hand. „Das ist eine meiner ältesten Puppen.“

"Kleidung entwerfe ich selbst"

Insgesamt hat er 17 Figuren. „Ich fertige Köpfe und Hände aus Modelliermasse. Wenn sie trocken sind, bemale ich sie und sie bekommen Haare auf dem Kopf oder im Gesicht. Die Kleidung entwerfe ich auch selbst, schneidern tut es jemand, der das besser kann“, sagt der Kasperlfan.

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Bei der „Kasperlkiste“ gibt es keinen Pezi-Bären. 

Wichtig sei ihm, dass all seine Puppen freundlich aussehen – auch die Bösewichte. Mit seiner Oma hat er seinen ersten Kasperl gebastelt – damals sei er 10 Jahre alt gewesen und ein bekanntes Gesicht in der Kasperltheaterszene. „Meine Eltern und Großeltern sind mit mir in alle Kasperltheater-Aufführungen in der Umgebung gefahren“, sagt er.

Er kennt alle Kasperl-Sendungen

Auch beim ORF sei er mit seinem Bruder oft bei Aufzeichnungen gewesen. „Heute sieht man mich noch manchmal bei Wiederholungen im Publikum“, schmunzelt der 26-Jährige. Seit 1957 gibt es den Kasperl schon im ORF, es sei damit die längst laufende Kindersendung aller Zeiten. „Jetzt werden keine neuen Sendungen mehr produziert, sondern die alten gezeigt.“ Er kennt sie alle.

Ein-Mann-Show

Bei seiner eigenen Bühne, der „Kasperlkiste“, gibt es keinen Pezi-Bären. „Da habe ich meine eigene Welt“, betont er. 16 Stücke hat er für sein junges Publikum entworfen, samt Bühnenbild, Musik und Nebeleffekten

Es ist eine 35-minütige Ein-Mann-Show. Raphael Kovarik hat alle Hände voll zu tun. Mit einer spielt er etwa den Kasperl, mit der anderen bedient er das Mischpult, den Vorhang oder wechselt von einer zur anderen Figur.

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Kovarik ist seit jungen Jahren ein Kasperl-Fan

Als er klein war, waren seine Lieblingsfiguren der Kasperl und die Bösewichte: „Ich mochte den Nervenkitzel und die Theatermagie“, blickt er zurück. 

Die Theatermagie genießt der junge Unternehmer heute auch bei Operetten, Musicals, im Sprechtheater oder beim Kabarett. „Diese Formen der Unterhaltung sind etwas Gemeinschaftliches, etwas Verbindendes. Deshalb glaube ich auch, dass das Kasperltheater nie aussterben wird, trotz neuer Medien und Technik, das Besondere ist das Interaktive und das Gemeinschaftsgefühl“, meint er.

Mit seiner eigenen mobilen Bühne „Kasperlkiste“ ist er vor allem in der Ostregion unterwegs. Besondere Unterstützung beim Aufbau der Bühne erhält Raphael von seiner Mama, die kaum eine Vorstellung verpasst hat. In ein anderes Theatersegment möchte er nicht einsteigen. 

„Ich mag es gerne, wenn man versteckt bleibt. Und dass man viele unterschiedliche Aufgaben hat: Von E-Mails beantworten, über Musik schneiden, zum Texten bis zum Bühnenbild bauen“, erzählt er.

Trotzdem hat er einen Plan B: Volksschullehrer, wo er derzeit das Masterstudium macht. Auf die Frage, ob Kasperltheaterspieler immer sein Traumberuf war, sagt er: „Das war immer fix“. Im Gymnasium mit 12/13 Jahren war das natürlich nicht „cool“, dass er Kasperlfiguren machte und seine eigenen Stücke inszenierte. „Aber da muss man durch“, lacht er. 

Hunderte Zuschauer

Heute kann er davon gut leben. Am stressigsten sei für den Kasperl der Advent – „da habe ich circa vier Vorstellungen in der Woche. Das Highlight ist dann am 24. Dezember in Hollabrunn. Da kommen jedes Jahr zwischen 400 und 500 Menschen.“

Bei ihnen bedankt sich der Kasperl in gewohnter Manier: Mit tiefer Verneigung – die rote Zipfelmütze wild nach vor und zurückgeworfen – „Liebe Kinder, das war das Ende und wenn’s euch gefallen hat, klatscht fest in die Hände!“

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