Kampf um Abschiedskultur in NÖ

Kampf um Abschiedskultur in NÖ
Der Beruf des Bestatters beschert nicht das schnelle Geld. Er verlangt umfassende Kenntnisse und viel Gespür für Ethik.

Wer oberflächlich über das sichere Geschäft mit dem Tod witzelt, soll einmal 14 Tage bei uns mitmachen." In den Fußstapfen seines Vaters ist der Mostviertler Bestatter Rudolf Beer angetreten, der "Entsorgungsmentalität" auf den Friedhöfen den Kampf anzusagen. Die heilsame Wirkung der früher sprichwörtlichen "schönen Leich'" auf die Trauernden, werde heute immer öfter leichtsinnig vertan, beklagt Beer.

Mit höchst professioneller Berufsauffassung versucht er dem Trend entgegenzuwirken. Die Ansprüche sind hoch, dem guten Bestatter wird einiges abverlangt. Psychologische Hilfe, die Organisation von Zeremonie und Begräbnis, dazu fehlerfrei, gefällig gedruckte Parten und bei Bedarf eine perfekte Trauerrede, werden gefordert. Nur durch beste Ausbildung sei das Arbeitspensum zu bewältigt, ist der 46-Jährige überzeugt.

Erbtante

Mit dem Unternehmen in Neuhofen und Amstetten stationiert, rückte Beer zuletzt mit einem heiklen Job ins Rampenlicht. Da galt es die vom Nachbarn nach ihrem Tod eingefrorene Erbtante für die Gerichtsmedizin aufzutauen und später auch zu bestatten.
Internationale Aus- und Weiterbildung ließen Beer zu einem Vorzeigebetrieb in der Branche werden. Im deutschen Düsseldorf und in Paris erwarb er die in Österreich ganz seltenen Diplome als Thanatologe und Funeralmaster. Auch die uralte Kunst der Balsamierung beherrscht Beer und wendet sie auch an.

Ethik

"An der Spitze aller Aktivitäten im Betrieb steht die Ethik, der würdevolle Umgang mit den Toten", versichert Beer. Die Vorbereitung des verstorbenen Menschen auf den letzten Weg sei dabei besonders wichtig. In seinem Abschiedsraum in Neuhofen erlebe er dabei immer wieder persönlich dramatische Eindrücke, erzählt der Chef von fünf hauptberuflichen Mitarbeitern. "Nach den vielen Jahren erkenne ich sofort, wie der Mensch gestorben ist. Da muss man oft qualvolle Eindrücke verarbeiten."

Seine Qualifikationen bescheren dem Neuhofener auch immer mehr internationale Beschäftigung. "Südliche Staaten und asiatische Länder gestatten das Überführen von Toten oft nur nach genau vorgeschriebenen konservatorischen Maßnahmen. Besonders viele Aufträge hatte ich heuer schon von den Botschaften Ägyptens und aus Bangladesch", erzählt er.

Egal ob Nachbar oder Fremder, die pietätvolle Säuberung, oft nach Unfällen notwendige restauratorische Behandlungen von verstümmelten Verunglückten und bestmögliche Bekleidung stehe jedem zu, verlangt der Bestatter. "Wenn alles perfekt sitzt, liegt oft ein unendlicher Friede im Gesicht der Toten, der sich auf einen selbst überträgt", beschreibt Beer. Hast und Zeitnot würden aber immer größere Feinde einer gepflegten gesunden Abschiedskultur.

Kommentare