Von Dieb auf der Flucht überfallen: "Hatte keine Zeit zum Nachdenken"

Lisa Kaser wurde von dem Verdächtigen mit einer Waffe bedroht
Flüchtiger Tscheche hielt Lisa Kaser eine Waffe an den Kopf. Trotzdem blieb sie besonnen.

Als es Samstagfrüh an Lisa Kasers Wohnungstür in Kamegg bei Gars, Bezirk Horn, läutete, dachte sie an nichts Böses. Sie hatte eben erst gefrühstückt, ihr 14-jähriger Sohn schlief. "Ich schaue sonst immer durch den Spion, aber diesmal nicht", erinnert sie sich. Damit begannen die wohl schlimmsten Minuten ihres Lebens.

Vor ihrer Tür stand jener mutmaßliche Straftäter, den die Polizei in der Region seit Freitagabend fieberhaft gesucht hatte. Der 25-jährige Tscheche hatte sich zuvor bereits die zweite Verfolgungsjagd mit der Polizei in zwei Tagen geliefert. Als sein Fluchtauto nicht mehr fahrtüchtig war, stürmte er in das Mehrparteienhaus, in dem Kaser wohnte. "Plötzlich stand der junge Mann vor mir hat mir eine Pistole an die Stirn gehalten", erzählt die 42-Jährige. Er drängte sie in die Wohnung, inspizierte das Schlüsselbord und den Schlüssel im Schloss. Er brauche ein Auto, erklärte er. "Ich habe gesagt, ich habe keines."

Eine Lüge, doch zum Glück erkannte der Mann die Schlüsselkarte für das Fahrzeug nicht. "Ich weiß nicht, warum ich ihn angelogen habe. Ich hatte keine Zeit zum Nachdenken. Der Verstand schaltet ab, man reagiert einfach", sagt die Angestellte und Gemeinderätin im KURIER-Gespräch. Als er die sich nähernden Streifen hörte, lief der 25-Jährige zum Gangfenster. Ehe er aus dem ersten Stock sprang, habe er sie angeschaut und gesagt: "Ich hätte dir nichts getan." Nur wenige Minuten später wurde er festgenommen.

Am Tag nach dem Überfall ist Kaser gefasst. Nur das Türklingeln, das jage ihr aber noch einen Schrecken ein, sagt sie. Und sie fragt sich, wie der Mann ins Wohnhaus gekommen ist. "Ich glaube, dass wir das gut verarbeiten können. Ich habe mit meinem Sohn viel darüber geredet." Der Teenager hat von dem Überfall glücklicherweise nichts mitbekommen.

Im Stich gelassen fühlt sich Kaser jedoch von der Polizei. Als sie ihre Wohnung verbarrikadierte und den Notruf wählte, sei sie mit dem Hinweis auf den Großeinsatz erst abgekanzelt worden. Erst als sie erklärte, man habe ihr eine Waffe – laut Polizei eine Gaspistole – an den Kopf gehalten, sei sie ernst genommen worden. Zudem seien Beamte erst Stunden nach dem Vorfall zu ihr gekommen und hätten gefragt, ob sie psychologische Hilfe benötigt. "Dabei ist es mir echt nicht gut gegangen."

Dass ihr der Tscheche etwas tun wollte, glaubt Kaser eigentlich nicht. "Der arme Kerl war auch total unter Stress und Schock", sagt sie. Zu viel darüber nachdenken will sie allerdings nicht.

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