Heimplatz kostet sieben Mal mehr als Pflege daheim

Ganztagesbetreuung: Glückliche Uroma Christine mit Enkerl daheim am Hof. Bäuerin Christine Wieser (l.), 24-Stundenhilfe Alicja und LAbg. Toni Erber
Minipflegeheim am Bauernhof in Gresten-Land. Bedarf an Ganztagespflege in den eigenen vier Wänden steigt massiv.

Es ist eine beachtliche "Heilsarmee", die sich da in Niederösterreich etabliert hat. An die 19.000 selbstständige und großteils ausländische Pflegehelferinnen sorgen dafür, dass hilfsbedürftige Senioren den Lebensabend nicht im Heim, sondern in den eigenen vier Wänden verbringen können. 7575 Personen haben 2014 die Förderungen im Rahmen der 24 Stunden-Betreuung kurz oder länger beansprucht.

Die Zahl jener, die diesen Dienst in den nächsten Jahren nutzen wollen, wächst dramatisch. Kein Wunder, dass bei Sozialpolitikern die Köpfe rauchen. Wie ist diese Lawine zu bewältigen? "Menschen im Alter von 80-plus werden in NÖ zwischen 2010 und 2026 um 45 Prozent anwachsen", sagt Soziallandesrätin Barbara Schwarz. Die von ihr beauftragte Studie über die 24-Stunden–Betreuung wird in den nächsten Monaten fertig. Schwarz forciert die Hilfe für pflegende Angehörige und Übergangspflegemodelle.

Wunsch

85 Prozent der Menschen in NÖ wünschen sich daheim gepflegt zu werden. "Das Verhältnis der Kosten zwischen Betreuung zuhause oder im Pflegeheim liegt für die öffentliche Hand bei eins zu sieben", rechnet der Abgeordnete und ÖVP-Sozialsprecher Toni Erber vor. Anhand seiner Studie fordert er, dass die Ganztagesbetreuung weiterentwickelt wird: "Die einzige Chance für den Sozialstaat". Erber will lokale Kompetenzzentren mit ausländischen Anlaufstellen für Hilfskräfte koppeln. Es soll auch möglich sein, zwei Pfleglinge mit einer Helferin zu fördern.

Gleich drei Pflegebedürftige im Familienverband, führen beim Lokalaugenschein die Effizienz der 24 Stunden-Pflege vor Augen. "Es ist ein Segen, so gute Leute hier zu haben." Wer die Landwirtin Christine Wieser am elterlichen Bergbauernhof in Gresten-Land besucht, wähnt sich kurz im Privatsanatorium. Ehemann Hans sitzt nach einem Unfall seit 20 Jahren im Rollstuhl. Ihn pflegt Wieser neben der Milchwirtschaft mit 25 Kühen am eigenen Hof im Tal selbst. Ein Jahr lang hatte sie 2009 die Mutter Christine, 83, nach einem Schlaganfall zu sich genommen. "Dann war ich selbst am Ende, ich brauchte Hilfe", erzählt die 56-Jährige.

Agenturen

Die Suche nach einer Ganztageshilfe machte sie auf die Vielzahl von Agenturen aufmerksam, die ausländische Helferinnen vermitteln. "Es gab eine schlechte Erfahrung, dann hatte ich Glück mit einer deutschen Agentur", erzählt Wieser. Die Polin Alicja, 44, und gelernte Köchin, wurde empfohlen und kam vor fünf Jahren. Seitdem kümmert sie sich um die Mutter (Pflegestufe V). Während Enkerl Lisa am Rollstuhl der Uroma turnt , taucht die Rumänin Felicia, 57, auf. Sie ist Diplom-Bauingenieurin. Vor sechs Jahren stieg sie auf Pflegearbeit um. Sie pflegt den am Hof lebenden, bettlägrigen Raimund, 79. Beim Kochen, Putzen und bei kurzen Urlauben helfen sie zusammen. Felicia: "Wir fühlen uns wohl. Wichtig ist die Sprache. Alicja ist Polin, also sprechen wir deutsch."

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