Aber der Reihe nach: Vergangenen Herbst hatte ein Häftling der Justizanstalt zu Protokoll gegeben, ein Verhältnis mit einer der Justizwachebeamtinnen zu haben. Kurz darauf soll es zu einem Erpressungsversuch mit vermeintlichen Nacktbildern von der Frau gekommen sein.
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Mehrere Handys gefunden
Im Zuge eines abendlichen Kontrollganges in der U-Haft-Abteilung des Gefängnisses wurde der besagte Häftling sowie zwei weitere Insassen beim Telefonieren erwischt. Bei der Durchsuchung der Zelle fanden die Beamten mehrere illegale Mobiltelefone. Laut einem weiteren Häftling sollen auf einem der Mobiltelefone die erwähnten Fotos der Justizwachbeamtin gespeichert sein.
Die Beamten fanden aber noch viel mehr: Protokolliert sind die Abnahmen einer Fritteuse, einer Kabeltrommel sowie zweier Jausenmesser. Zudem wurden mehrere Arbeitsgeräte gefunden, die den Insassen zunächst ausgefolgt und angeblich irrtümlich nicht wieder abgenommen wurden.
Vorwürfe gegen Beamten "frei erfunden"
Zwei Tage nach der Amtshandlung behauptete einer der drei Häftlinge plötzlich, von einem der Beamten geschlagen und gewürgt worden zu sein.
„Die Vorwürfe sind frei erfunden. Es wurden keine Verletzungen dokumentiert. Es gibt keine Fotos oder ärztlichen Befund darüber. Keiner der übrigen Justizwachbeamten hat den angeblichen Vorfall mitbekommen, demgegenüber sind die Angaben der Insassen höchst widersprüchlich. Ganz offensichtlich wird versucht, von einer anderen Sache abzulenken“, so der Anwalt des beschuldigten Justizwachebeamten, Florian Astl.
Sein Mandat wurde wegen der Anschuldigungen im Dezember vom Dienst suspendiert, der Fall liegt nach einer Beschwerde gegen die Suspendierung mittlerweile beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG).
Und die Umstände werden immer mysteriöser. Erst sechs Monate nach dem Vorfall ist plötzlich ein Befund vom Anstaltspsychiater datiert mit 20. Dezember 2022 aufgetaucht. Darin ist vermerkt, dass beim Insassen drei Tage nach dem behaupteten Vorfall keine Verletzungen festzustellen waren und dieser nur nach einem „pflanzlichen Beruhigungsmittel“ verlangte.
Mobiltelefone noch nicht ausgewertet
Als Kronzeuge in dem Fall dient ausgerechnet jener Insasse, der das Verhältnis mit der Justizbeamtin gehabt haben soll. „Bis heute sind die sichergestellten Handys mit den angeblichen Nacktfotos nicht ausgewertet. Die Missstände schreien zum Himmel“, kritisiert ein Insider aus dem Gefängnis.
Anstaltsleiter Günter Wolf bestätigt gegenüber dem KURIER die Sachlage. Die drei betroffenen Insassen seien rasch in andere Anstalten verlegt worden. Die sichergestellten Mobiltelefone waren mit Codes gesperrt und müssten von Datenforensikern ausgelesen werden.
Wie Verena Strnad von der Oberstaatsanwaltschaft Wien bestätigt, sind entsprechende Sachverhaltsdarstellungen der Justizanstalt eingelangt. Diese wurden jeweils an eine Staatsanwaltschaft im Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft Wien zur Prüfung – welche noch nicht abgeschlossen ist – übertragen.
Mögliche Dienstrechtliche Konsequenzen für Beamtin
Sollten sich auf einem der Handys tatsächlich Bilder der Justizbeamtin finden, hätte dies schwerwiegende Konsequenzen. „Dienstrechtliche Sofort-Maßnahmen werden derzeit geprüft“, erklärt Sina Bründler, Sprecherin des Justizministeriums.
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Der Straf- und Maßnahmenvollzug stelle hohe Anforderungen an alle dort beschäftigten Bediensteten. „Ein berufliches Verhalten, das den Werten und Haltungen dieses Strafvollzuges nicht entspricht und gleichzeitig den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung darstellt, führt umgehend zur Prüfung dienstrechtlicher Konsequenzen“, heißt es dazu vom Ministerium.
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