Starker Bevölkerungszuwachs bringt „Öffis“ an ihre Grenzen

Eine Straßenbahn, wie hier in Valenciennes in Frankreich, hält Verkehrsexperte Harald Jahn auch für den Norden Wiens für die ideale Lösung
Wegen überfüllter Busse fordern die Pendler ein nachhaltiges Verkehrskonzept.

Die Stimmung im Pfarrheim in Groß-Enzersdorf war angespannt, die Interessenten waren sich einig. Die derzeitige Verkehrssituation Richtung Wien muss sich ändern. Die Bürgerinitiative „MarchfeldGroß-Enzersdorf“ hatte deshalb zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion geladen. Auf die derzeitigen und künftigen Probleme sollte aufmerksam gemacht werden. „Der Norden Wiens wurde leider immer stiefmütterlich behandelt“, klagt Ingried Erkin.

Seit Anfang Oktober fährt die Linie 26A zumindest durchgehend bis nach Groß­-Enzersdorf, bisher kehrte jeder zweite Bus an der Stadtgrenze Wien wieder um. Am dichten Gedränge, vor allem zu den Stoßzeiten, hat sich aber wenig geändert. „Die Busse sind immer noch maßlos überfüllt“, zeigt sich eine weitere Pendlerin enttäuscht und stellt klar: „Hat der Bus bis zur Stadtgrenze bereits zehn Minuten Verspätung , so wird er auch weiterhin dort umdrehen.“

Dass sich am Pendleraufkommen auch künftig wenig ändern wird, vermutet Margit Huber von der Bürgerinitiative: „Wir waren bisher ein kräftiges Zuzugsgebiet und ich sehe keinen gegenteiligen Trend.“ Kurzfristig können ohnehin keine großen Würfe erwartet werden, „umso wichtiger ist es daher, jetzt die ersten Samen zu säen“, meint Stadtrat Andreas Vanek. Beispiele für einen verkehrstechnischen Umbau gibt es laut dem Verkehrsexperten Harald Jahn rund um Österreich genug. „Leider trauen sich die Politiker nicht, entschlossen gegen den Autoverkehr aufzutreten“, sieht Jahn die derzeitigen Knackpunkte. Die Badner Bahn ist für den Experten allerdings ein gelungenes Beispiel, Wien mit dem Umland zu verbinden.

Die Hoffnung stirbt aber bekanntlich zuletzt. „Ich hatte bereits bei drei Bürgermeistern wegen der Bus-Verlängerung vorgesprochen und jetzt wurde es umgesetzt. Ich bin daher auch für die Zukunft guten Mutes“, fühlt sich Peter Semper gestärkt.

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Deutsch-Wagram/Raasdorf. Der Rekordstau in Wien gestern hat zwei Bürgermeister aus dem Marchfeld auf den Plan gerufen. „Wir erleben solche Staus im Bezirk nahezu täglich. Ein kleiner Unfall oder ein paar hundert Meter Straßensanierung wie vor wenigen Tagen bei Raasdorf und schon bilden sich endlose Kolonnen“, sagen Walter Krutis (Raasdorf) und Fritz Quirgst (Deutsch-Wagram).

Die Bürgermeister der Region fordern seit Jahren den Weiterbau der S1-Ost, an die wiederum die Marchfeldschnellstraße S8 angebunden werden soll. Diese S8 soll einerseits Gänserndorf, Strasshof, Deutsch-Wagram und anderen Gemeinden wie eben Raasdorf einerseits vom Schwerverkehr entlasten, andererseits sollen die Pendler aus dem Bezirk endlich ohne die täglichen Stehzeiten mit ihren Pkw nach Wien gelangen können. Egal aus welcher Richtung die Pendler Wien anfahren, sie geraten mit Sicherheit in Staus.

„Der Bescheid für den Weiterbau der S1-Ost soll bereits unterschrieben sein. Wo bleibt er“, fragen sich Quirgst und Krutis. Und: Damit werde auch die öffentliche Auflage der S8 im Rahmen des UVP-Verfahrens weiter verzögert.

Stellungnahmen des In-frastrukturministeriums sowie der ASFiNAG stehen aus.

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