Greifenstein: „Ab 17 Uhr nur in Begleitung eines Securitys“
Im Oktober wurde das ÖJAB-Haus in Greifenstein (Bezirk Tulln) für minderjährige Asylwerber wiedereröffnet. FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl bezeichnete es als „Pilotprojekt, das zum Vorzeigeprojekt für Integration mit Hausverstand werden soll“. Am 5. und 6. Dezember 2018 stattete die Volksanwaltschaft dem Quartier der Österreichischen Jungarbeiterbewegung einen unangekündigten Besuch ab – und stellte dabei „massive Mängel“ fest.
In einem Schreiben an Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) werden konkret neun Punkte aufgelistet. Wie in der scharf kritisierten und inzwischen geschlossenen Unterkunft in Drasenhofen, hat die Kommission im Rahmen ihres Besuchs erfahren, so heißt es in dem Schreiben, „dass ab 17 Uhr ein uniformierter Sicherheitsdienst anwesend ist“. Nach Aussagen hätte der zumindest bei unter 16-jährigen Jugendlichen die Anweisungen gehabt, „diese am Verlassen der Einrichtung zu hindern“. Volksanwalt Günther Kräuter sagt dazu: „Das ist gegen das Gesetz.“
"Agieren nach Jugendschutzgesetz"
ÖJAB-Geschäftsführerin Monika Schüssler entgegnet: „Dass es Ausgangssperren gibt, ist schlichtweg falsch. Wir agieren nach dem Jugendschutzgesetz. Jugendliche müssen um 22 Uhr zu Hause sein. Wenn sie um spätestens 24 Uhr nicht da sind, müssen wir eine Abgängigkeitsanzeige machen.“
Als Kritikpunkte durch die Volksanwaltschaft aufgelistet werden auch: die Größe der Einrichtung, die mangelnde Qualifikation des Betreuungspersonals sowie die zu geringe personelle Besetzung. Außerdem gebe es Dokumentationsdefizite und ein unstrukturiertes Medikamentenmanagement, eine unzureichende Essens- und Freizeitsituation und mangelnde medizinische Betreuung.
Die ÖJAB weist die Vorwürfe zurück: „Unser Standort wird in Bezug auf Unterbringung, Verpflegung, Betreuung und Beschulung der uns anvertrauten Flüchtlinge aus unserer Sicht mit persönlichem Engagement und Professionalität und nach den behördlichen und gesetzlichen Vorschriften geführt.“
Abschaffen
Waldhäusl reagierte auf den Bericht mit der Forderung, anzudenken, die Volksanwaltschaft abzuschaffen. Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) hält fest: "Ich warne davor, diese wichtige Einrichtung mutwillig in Misskredit zu bringen." Sie erinnert an den an verfassungsrechtlichen Auftrag der Volksanwaltschaft.
NÖ Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat indes erklärt, dass die Empfehlungen der Kontrollinstanz genau geprüft werden. Bis 28. Februar erwartet die Volksanwaltschaft eine Antwort. Zu den Aussagen von FP-Landesrat Gottfried Waldhäusl sagte sie: „Entscheidend ist für mich, dass in der Regierungsarbeit den gesetzlichen Vorgaben entsprechend gehandelt wird - und nicht, jede Meinungsäußerung des Landesrats zu kommentieren und damit noch aufzuwerten.“
Kritik auch an anderen Einrichtungen
Als „menschenrechtswidrig“ kritisierte die Volksanwaltschaft zudem in einem Schreiben an Mikl-Leitner die „willkürlichen“ Verlegung von Asylwerbern durch den Landesrat. Hintergrund ist die Prüfung des Asylheims in St. Gabriel, Maria Enzersdorf. Dort stellte eine Expertenkommission im Juli 2018 mit der damaligen Belegung eine „menschenunwürdige Unterbringung“ fest. Auch weitere Sonderbetreuungseinrichtungen wurden kritisiert.
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