GPS-Jagd auf den Biber

In sogenannten Familienrevieren leben bis zu fünf Biber zusammen. Jungtiere müssen mit zwei Jahren das Heim verlassen
Im nö.Teil des Nationalpark Donau-Auen leben 276 Nager. Ihr Bestand ist zurückgegangen.

"Das hier ist ein Futterfloß", sagt Antoine Klaus und deutet auf einen Haufen Zweige, der am zugefrorenen Ufer des sogenannten "Schwarzen Lochs" in der Lobau liegt. Gleich daneben befindet sich ein Lehmhügel, bedeckt mit Zweigen und toten Ästen. Treibgut, könnte ein Laie meinen, doch es handelt sich um einen Biberbau. "Das ist der Hauptbau des Reviers, da zieht sich im Winter die ganze Familie zurück. Bis zu fünf Tiere können da zusammenleben", erklärt Wildtier-Ökologe Klaus. An diesem frostigen Wintermorgen schult er Kollegen für die Bestandserhebung der Tiere im Wiener Teil des Nationalparks Donau-Auen ein.

GPS-Jagd auf den Biber
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In Niederösterreich hat er die Kartierung bereits abgeschlossen. Drei bis fünf Kilometer Ufer hat Klaus dabei pro Tag abgesucht und Spuren wie Bauten, gefällte Bäume oder Markierungshügel mit GPS-Punkten markiert.

Nun liegt das Ergebnis vor: "Wir haben 74 Reviere ausgemacht. Das sind etwa 276 Biber", erklärt Karoline Zsak.

GPS-Jagd auf den Biber
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Sie ist im Nationalpark für Artenschutz-Projekte zuständig. Konkret wurden um elf Prozent weniger Biber erfasst als bei der Kartierung 2003. Der Grund ist schlicht Selbstregulierung: Die Tragfähigkeitsgrenze für die Tiere ist in den Augewässern der Donau erreicht. Sämtliche Reviere sind mittlerweile besetzt.

Die Experten schätzen, dass der Bestand gleich bleibt oder sogar weiter sinkt. Denn auch im Nationalpark wird der Lebensraum der Tiere immer kleiner. Durch die zunehmende Eintiefung der Donau trocknen die Gewässer und Seitenarme in der Au immer weiter aus. "Das zeigt, dass wir die Sohleeintiefung in den Griff kriegen müssen", sagt Zsak. Die Folgen für die Biber sind nämlich gravierend: Blutige Revierkämpfe, mehr Todesfälle und weniger Nachkommen. "Schon jetzt suchen die Biber ganz ungewöhnliche Lebensräume auf. Etwa im Wienfluss, auf der Donauinsel oder in den Rückhaltebecken bei Auhof", berichtet die Expertin.

Durch den eingeschränkten Lebensraum kommt es immer wieder zu Begegnungen zwischen Mensch und Biber. Etwa, wenn sich Tiere in Gartenteiche oder Jauchegruben verirren. Manche Biber werden auch verhaltensauffällig, weil sie aufgrund der Reviersuche gestresst sind. In sehr seltenen Fällen werden dann sogar Hunde attackiert, die sich ihnen nähern.

Dabei sei der Biber im Nationalpark als "Öko-Ingenieur" sehr willkommen, betonen Experten. Von Bibern gefällte Bäume bieten wiederum andren Tieren Lebensraum.

Biber-Management

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Die nö. Landesregierung will die Revierentwicklung im Nationalpark genau beobachten, denn in Siedlungs- und Agrargebieten seien die Tiere nicht erwünscht. 2015 wurden bei geschätzten 4000 in Niederösterreich lebenden Bibern 315 Konflikte an das eigens eingerichtete Biber-Management gemeldet, 142 Biber wurden getötet. Beim Nationalpark-nahen Rußbach im Weinviertel beschädigen die Tiere etwa die Hochwasser-Schutzdämme.

Mit der heuer in Kraft getretenen Biber-Verordnung, die den Abschuss erleichtert, habe man aber Vorsorge getroffen, heißt es. Im Nationalpark glaubt man jedoch nicht, dass viele Biber abwandern.

In der Lobau machen sich die Ökologen mit Klemmbrett und GPS zur Zählung bereit. Bis März werden sie unterwegs sein. "Eigentlich sind dem Biber ja Weichhölzer wie Hartriegel am liebsten, die kann er leichter abbeißen", räumt Ökologe Klaus mit Vorurteilen auf. Natürlich würden sich die Tiere auch mal an Obstbäumen laben, räumt er ein. Doch würden schon kleine Maßnahmen – wie Zäune oder ein Quarzsand-Anstrich – helfen, um die Nager fernzuhalten. Manchmal ist der Mensch eben doch gefragt.

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