Gnadenfrist für Fischotter gefordert

Tierschützer fordern einen Stopp der Tötungen, bis die Juristen entschieden haben
Nach der Tötung des ersten geschützten Raubtiers verlangt der WWF ein vorläufiges Ende der Otter-Jagd.

Der KURIER-Bericht über die Tötung des ersten Fischotters im niederösterreichischen Waldviertel löste zahlreiche Reaktionen aus. Vor allem die Umweltorganisation WWF verlangt einen sofortigen Tötungsstopp, weil ihre Naturschützer der Meinung sind, dass so lange keine geschützten Fischotter erlegt werden dürfen, bis das nö. Landesverwaltungsgericht eine juristische Entscheidung getroffen hat. Dabei geht es um einen Einspruch gegen den umstrittenen Abschussbescheid des Landes. Im Konflikt um das Otter-Leben hat der KURIER nun Antworten auf die brennendsten Fragen gesammelt.

  • Basiert der Abschussbescheid des Landes auf falschen Bestandszahlen?

Ein aktuelles Monitoring als Grundlage für die Entscheidung – so wie derzeit in Kärnten – gab es in Niederösterreich nicht. Als Basis dienen ein Monitoring aus dem Jahr 2008 und ein aktuelles Gutachten des Landes, aus denen die Verantwortlichen der Fachabteilung eine "gute Entwicklung" beim Otterbestand ablesen wollen: "Wir gehen – vorsichtig kalkuliert – von 600 bis 800 Tieren aus, die selbst durch die maximale Entnahmerate nicht weniger werden", sagte Abteilungsleiter Martin Tschulik. Laut Bescheid dürfen bis Sommer 2018 40 Fischotter "entnommen" werden. Den Vorwurf des WWF, die Population in Tschechien sei zu den Zahlen in NÖ addiert worden, weist das Land zurück.

  • Darf der Fischotter überall in NÖ erlegt werden?

Tatsache ist, dass eine "Entnahme" auf das Waldviertel beschränkt ist. Laut Bescheid dürfen 20 Fischotter vom nö. Landesfischerei- und 20 vom Teichwirte-Verband "entnommen" werden. Allerdings ist die Tötung nur durch einen Jäger erlaubt, der darauf achten muss, dass sich die Jagd auf den Otter nicht in einem Natura-2000-Gebiet befindet, dort ist der Abschuss verboten.

  • Ist der Otter nicht europaweit streng geschützt?

Es stimmt, der Fischotter ist nicht nur bundesweit, sondern gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) der EU auch europaweit streng geschützt. National liegt der Grund darin, dass er nach 1945 fast ausgerottet wurde. Seit mehr als zehn Jahren nimmt die Population wieder langsam zu. Im "Anhang V" der Richtlinie ist auch eine Entnahme geregelt. Darin steht sinngemäß geschrieben, dass geschützte Tiere im Zuge eines Managementplans erlegt werden können, wenn ein "günstiger Erhaltungszustand" bestehen bleibt. Da die Fischer und Teichwirte Schäden durch den gefräßigen Fischotter beklagen, will das Land mit dem Bescheid ein "ökologisches Gleichgewicht" herbeiführen.

  • Gibt es diese Probleme auch in anderen Bundesländern?

Abschüsse sind etwa im Burgenland oder der Steiermark nicht angedacht. Hier funktioniere der Managementplan mit Förderungen für Zäune gut. In Kärnten soll bald eine Verordnung für die Entnahme von Ottern kommen, sprich auch hier soll die Jagd eröffnet werden.

  • Wie sieht es in anderen EU-Mitgliedsstaaten aus?

In Slowenien ist es laut Fischotter-Experten Andreas Kranz völlig ruhig, obwohl die Situation ähnlich wie in Kärnten ist. Auch sonst gibt es für kommerzielle Fischzuchten, etwa in Tschechien oder Ungarn, Entschädigungen. Einen Grund für die "eskalierende Situation" in Österreich sieht der Experte in den Hobby-Teichen, die gebe es im Osten nicht. "Ein gutes Fischrevier in Kombination mit Fischottern und Kraftwerkbau, das funktioniert nicht", sagt Kranz.

Land Kärnten plant die Umsiedelung von Bibern

Eingriffe in den Biberbestand kündigt das Land Kärnten an. Einige Individuen haben, wie berichtet, in Klagenfurt durch einen Dammbau einen wichtigen Entwässerungskanal verstopft. Der Damm wird seit Dienstag stückweise abgetragen, um die Nager zu vergrämen. Bislang ohne Erfolg. Auch wenn der Mensch den längeren Atem haben wird: die Tiere kehrten stets zum Damm zurück und nahmen ihre Arbeit erneut auf.

Umtriebige Biber in diesem „Russenkanal“ seien jedoch nur die Spitze des Eisberges, betont der Landes-Wildbiologe Roman Kirnbauer. Im Jahr 2014 wurde die Zahl der Biber in Kärnten letztmalig ermittelt und mit 200 Individuen ausgewiesen. „Inzwischen ist die Population weiter angewachsen und sorgt auf landwirtschaftlichen Nutzflächen für Probleme; Bäume werden gefällt, Wälder überschwemmt, Straßen untergraben“, schildert Kirnbauer. Primär seien die Bezirke Völkermarkt, Wolfsberg, St. Veit und Klagenfurt betroffen. „Umsiedelungsaktionen sind dringend erforderlich“, sagt er.

Jagdreferent Gernot Darmann (FPÖ), stellt diese auch in Aussicht. „Zur Verhütung ernster Schäden an Kulturen und Eigentum sind Ausnahmen der Schutzbestimmungen möglich. Es gibt ein stufenweises Managementkonzept, das Eingriffe in den Lebensraum und in Ausnahmefällen auch in die Population vorsieht“, erklärt Darmann.

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