Geheimniskrämerei um Riesen-Puff

Geheimniskrämerei um Riesen-Puff
Das angeblich geplante Super-Bordell soll im Wiener Umland entstehen. Doch niemand weiß von diesen Plänen.

Mit Landleben hat das, abgesehen von der geplanten Fass ade, nichts zu tun: 147 Zimmer, 150 Damen, 2000 Quadratmeter Entertainmentbereich, 350 Parkplätze. Und drei Meter hohe Mauern. Das sind die Eckdaten des Funmotels – einem angeblich geplanten Laufhaus in Niederösterreich. Die strengen behördlichen Auflagen in Wien könnten ein Grund sein, warum die Rotlicht-Szene jetzt auswandern will.
Wo genau das „größte Laufhaus der Welt“ entstehen soll, darüber gibt es bisher nur Gerüchte. Aber, so erklären die beiden Köpfe hinter dem Projekt, Peter Laskaris und Werner Schmuck, im Jänner 2014 soll Eröffnung gefeiert werden.
Laskaris, einer der Projektbetreiber, erklärt: „Wir planen einen Neubau. Wir bewegen uns dabei im Rahmen der Gesetze.“ Es gäbe keinen Grund, dieses Projekt zu verwehren. „Unser Ansprechpartner ist der Bürgermeister.“ Den angeblich fixierten Standort hält er dennoch geheim – um keinen Wirbel zu provozieren.

Reihenweise Absagen

Als heißer Tipp wird in der Szene das Weinviertel gehandelt. Die Bürgermeister im Raum Korneuburg winken allerdings ab. „Wir sind es nicht“, beteuert Christian Gepp aus Korneuburg. „Bei uns können sich die Betreiber so etwas abschminken“, sagt auch Hagenbrunns Ernst Fischer. Obwohl: Ent­sprechende Anfragen habe es gegeben – in allen Gemeinden der Region. Auch der Leobendorfer Bürgermeister Karl Stich hatte solche Gespräche – auch für den Standort der ehemaligen Disco Dorian Gray. Dort war schon einmal ein „Saunaclub“ in Planung, Transparente hingen bereits. „Aber seit einem dreiviertel Jahr haben wir nichts mehr gehört.“ Was Stich aber wenig stört. „So ein Projekt ist ja kein Renommee.“
Auch im heiß gehandelten Stetten stößt man auf Ablehnung.

„Auf solche Nachbarn legen wir keinen Wert“, meint Josef Piller, Geschäftsführer der Fossilienwelt. Grundstücke sind im neu erschlossenen Gewerbegebiet zwar vorhanden, doch von der Gemeindepolitik kommt eine scharfe Absage. „Im Juni hat es einmal ein Gespräch mit den Betreibern gegeben. Sie haben uns einen Plan vorgelegt“, erzählt SPÖ-Vizebürgermeister Thomas Seifert. Die Grundstücke neben der Schnellstraße waren aber allesamt zu klein. Zudem wäre die Umwidmung überhaupt problematisch gewesen. Und vor allem die Infrastruktur. Seifert: „Man muss sich das einmal bei Vollbetrieb vorstellen. Dort wären mehr Besucher als Stetten Einwohner hat. Die Klär­anlage würde zusammenbrechen. Wir würden so was net dablasen.“

Thema vom Tisch

Die Betreiber hätten dann noch versucht, bei einigen privaten Grundstücksbesitzern, meist Landwirten, zu einem Riesen-Grundstück zu kommen, erzählt Seifert. Doch auch diese Versuche schlugen fehl. „Die Sache ist bei uns vom Tisch“, sagt Seifert. Nachsatz: „Außerdem wollten wir das aus moralischen Gründen auch nicht bei uns haben.“
Seine Vermutung ist, dass die Rotlicht-Investoren bewusst Gerüchte streuen, um vom eigentlichen Standort abzulenken. Doch auch in den Bezirken entlang der ebenfalls kolportierten Westbahn-Linie beteuert man, von den Gerüchten nur aus den Medien zu wissen.
In der Bevölkerung hätte niemand eine rechte Freude mit dem Laufhaus. „A so a Bledsinn“, sagt eine Pensionistin in Stetten und winkt ab. Und Gastronom Thomas Schweinberger meint: „So ein Puff passt nirgends hin und schon gar nicht ins Weinviertel. Es passt nicht zum Wein und sanftem Tourismus.“
Die Bezirksbehörde Korneuburg winkt aber ohnehin ab. „Für eine gewerberechtliche Bewilligung gibt es kein Ansuchen. Auch nicht für einen Gastronomiebetrieb“, sagt Bezirkshauptfrau Waltraud Müllner-Toifl.

Das Modell des „Funmotels“ ist maßstabgetreu. Ein im Landhausstil gehaltenes Gebäude, ein großer Parkplatz mit Grünstreifen – fast wirkt es so wie eines der Einkaufs-Outlets an den Stadträndern. Genauso funktioniert auch das Konzept Laufhaus: Der Freier hat, so seltsam das klingen mag, wie ein Einkäufer die Qual der Wahl, wie eben beim Shopping.
In Wien schossen Laufhäuser im vergangenen Jahr wie die Schwammerln aus dem Boden. Große Etablissements eröffneten in mehreren Stadtteilen unter heftigen Anrainer-Protesten.
Der Boom hat zwei Gründe: Zuallererst ist dafür das vor einem Jahr novel­lierte Wiener Prostitutionsgesetz verantwortlich. Die rot-grüne Stadtregierung zielt damit dezidiert darauf ab, den Straßenstrich durch Indoor-Prostitution zu ersetzen. Begründet wird dies mit besseren und sichereren Arbeitsplätzen. Für die rund 450 Rotlicht-Lokale gelten hohe Auflagen, die bis dato nur 26 erfüllt haben. Der Straßenstrich wurde im Wohngebiet verboten und schrumpfte. Kurzum: Das horizontale Gewerbe stand kopf. Die Gunst der Stunde nutzten mehrere Ex-Rotlichtgrößen und ihre Geldgeber, um am neuen Markt mitzumischen.
80 Euro pro Tag Hier kommt der zweite, und von vielen kritisierte Punkt ins Spiel: Die Laufhäuser versprechen hohe Renditen – und zwar auf Kosten der Frauen, wie Kritiker anmerken. Prostituierte arbeiten auf selbstständiger Basis und mieten sich für 80 Euro und mehr pro Tag ein Zimmer, das in vielen Fällen sowohl Arbeits- als auch Wohnstätte ist. Die Krux: Die Zimmer werden für einen vollen Monat vergeben. Miete: ab 2500 Euro.
Die Plattform „Sexworker.at“ vertritt viele selbstbestimmte Prostituierte, die Laufhäuser ablehnen. Ein Sprecher: „Frauen müssten für die Mieter arbeiten. Dadurch wären sie abhängig.“
Laufhaus-Eigentümer wie Harald Hauke kontern Kritikern:
„Ich vermiete nur die Zimmer, sorge für Hygiene und Sicherheit.“ Letzteres hört man auch in Polizei­kreisen: In Laufhäusern seien Frauen von Zuhältern nicht so leicht kontrollierbar wie auf Sexmeilen.
Derzeit suchen Investoren neue Objekte in Wien. Die Blase könnte aber bald platzen. Schon jetzt stehen viele Zimmer leer. 

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