Fußfessel für Todeslenker
Rache auf der einen Seite, soziale Aspekte und Wirtschaftlichkeit auf der anderen: Kaum ein Thema löst rund um die Rechtssprechung so viele Emotionen aus wie der elektronisch überwachte Hausarrest – die sogenannte "Fußfessel". Jüngstes Beispiel: Ein 27-Jähriger, der wegen eines tödlichen Verkehrsunfalls im Drogenrausch verurteilt wurde, will seine achtmonatige Haftstrafe nicht im Gefängnis, sondern im elektronisch überwachten Hausarrest absitzen. Die Witwe des Getöteten ist entsetzt. Die Vollzugsdirektion hält aber die Maßnahme besonders in diesem Fall für sinnvoll.
Verkehrsunfall
Der Verkehrsunfall ging durch die Medien: Am 29. Juli 2011 kam ein 27-Jähriger bei Gföhl in Niederösterreich mit seinem Auto auf die Gegenfahrbahn, rammte den Wagen eines Wiener Ehepaares. Der 66-jährige Roland H. war auf der Stelle tot. Seine Frau Ingeborg lag zwölf Tage im Spital, hat nach eigenen Angaben heute immer noch gesundheitliche Probleme.
Vor allem, weil der Mann bereits nach einem früheren Drogendelikt den Führerschein verloren und diesen nach einem Entzug zurückbekommen hatte.
Unbedingt
Dass das Oberlandesgericht das Urteil schließlich in eine unbedingte Haft von acht Monaten umwandelte, ist für die Witwe eine Genugtuung. "Niemand kann sich vorstellen, was man erleiden muss. Das erklärt, warum man Rache will", sagt sie und wünscht sich, dass der Täter seine Haft im Gefängnis absitzt.
"Die Gefühle der Opfer verstehen wir vollkommen", sagt dazu Christian Timm von der Vollzugsdirektion. Er hat aber einige Argumente parat: "Der Verurteilte ist permanent in Kontakt mit der Bewährungshilfe, ist auf Entzug und wird regelmäßig auf Drogenkonsum getestet. Alle Bedingungen sind erfüllt. Wenn wir den Hausarrest bei ihm nicht anwenden, bei wem denn dann?", fragt Timm.
Außerdem gibt er zu bedenken, dass die Gesellschaft bei einer Inhaftierung viel höhere Kosten tragen muss, als wenn der Todeslenker Hausarrest hat. "Ein Tag Haft kostet pro Person 105 Euro, der Hausarrest nur ein Viertel davon. Außerdem muss der Verurteilte etwas dazuzahlen. Im Gefängnis würde die Person zudem ihren Job verlieren und aus dem sozialen Gefüge gerissen. Wird so jemand aus der Haft entlassen, kann er sich meist keine Wohnung leisten und die Allgemeinheit muss einen Zuschuss bezahlen. All das fällt beim Hausarrest weg. So verdient der Mann etwas, um Schmerzensgeld zahlen zu können." Würde man alle "Fußfessel"-Träger einsperren, wäre der Bau eines zusätzlichen Gefängnisses notwendig. Denn die bestehenden Anstalten seien zu 98 Prozent voll belegt.
"Das Schmerzensgeld bekommen wir direkt von seiner Versicherung", widerspricht Ingeborg H. Doch sie sieht auch ein, dass die Haft die Gesellschaft insgesamt mehr Geld kosten würde als der Hausarrest.
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