Goldzähne und Schmuck: Die unheimliche Spur der Grabräuber-Bande

Auf dem Friedhof in Fels am Wagram schlugen die Täter im Juni zu
Es ist ein strahlend schöner Junitag in Fels am Wagram, Bezirk Tulln. Die noch etwas kühleren Vormittagsstunden werden von einigen Menschen genutzt, um den örtlichen Friedhof zu besuchen.
Eine Frau aus Wien pflegt das Grab ihres Mannes, der vor vier Jahren verstorben ist. Während sie die Blumen gießt, erzählt sie von einer Beobachtung, die die Marktgemeinde nun schon seit einigen Tagen beschäftigt:
"Die Polizei war hier am Friedhof. Irgendetwas muss passiert sein, aber mehr weiß ich auch nicht.“ Vielleicht, so vermutet die Frau, sei etwas gestohlen worden. "Es ist ja ein Wahnsinn, was alles plötzlich verschwindet. Mir wurde auch schon einmal Grabschmuck entwendet.“
Tatort Friedhof
Dass der Friedhof zum Tatort geworden ist, will man auch im Pfarramt gehört haben. "Es ist furchtbar“, sagt Pfarrer Aleš Ullmann. Genauere Informationen hat aber auch er nicht: "Die Gemeinde ist für das Areal zuständig“, betont Ullmann.
Was ist also tatsächlich am Friedhof in Fels am Wagram passiert?
Der KURIER hat sich auf Spurensuche begeben - und ist auf Verbrechen gestoßen, die fassungslos machen.
Goldzähne der Toten entnommen
Eine Bande von Grabräubern hat in der Vorwoche mehrere letzte Ruhestätten im Raum Tulln sowie in der Umgebung von Klosterneuburg aufgesucht und sich an Gräbern und Grüften zu schaffen gemacht. Mehrere hundert Kilogramm schwere Grabsteinplatten wurden zur Seite geschoben und die Särge nach wertvollen Grabbeigaben wie Schmuck durchsucht.

Hier öffneten die Täter mehrere Gräber
Keine Tabus
In einigen Fällen, so die Ermittler, haben die skrupellosen Kriminellen nicht einmal davor zurück geschreckt, den Toten ihre Goldzähne zu entnehmen.
Bei der Marktgemeinde Fels am Wagram zeigt man sich entsetzt über die Vorgangsweise. "Bei uns wurden einige Fälle gemeldet und die Polizei eingeschalten. Es gibt mehrere Geschädigte", erklärt Bürgermeister Hannes Zimmermann. Er ist fassungslos darüber, wie weit Kriminelle gehen.
Laut Polizei sind auf dem Friedhof Fels am Wagram zehn Gräber bzw. Grabstellen geöffnet und durchsucht worden. Auch Grüften, in denen sich mehrere Särge befinden, waren darunter. Teilweise wurden die Sichtfenster der Särge eingeschlagen oder der Deckel zur Gänze geöffnet, so die Kriminalisten.
Laut Ermittlern erhoffen sich die Täter bei den Einbrüchen, an Goldschmuck zu gelangen, der den Verstorbenen teilweise von Angehörigen zu ihrer letzten Ruhe mitgegeben wird.
Ermittelt wird nach den Grabschändungen wegen Störung der Totenruhe, schwerer Sachbeschädigung sowie Einbruchsdiebstahl.
Bereits 60 Zwischenfälle in Wien
Begonnen hat die unheimliche Serie auf diversen Friedhöfen in Wien-Donaustadt, Simmering und Floridsdorf. Wie die Landespolizeidirektion Wien auf Anfrage bestätigt, wird seit dem Vorjahr bereits in über 60 Fällen ermittelt. "Leider ohne durchschlagenden Erfolg bisher“, so die Polizei.
Betroffen waren in Wien vermehrt Grabstätten von Menschen der Volksgruppenangehörigen der Roma und Sinti. Die Ermittler vermuten, dass die Einbrecher dort eine größere Beute beziehungsweise mehr Goldschmuck erwarten, als anderswo.
Der Modus Operandi ist immer derselbe. Die Gangster schneiden die Fugen an den Grabplatten auf. Mit Hilfe von Brecheisen und anderem Werkzeug werden die schweren Steinplatten unter dem Einsatz der Hebelwirkung verschoben.
Die Spurensicherung und Auswertung von Videoaufzeichnungen hat bisher keine nennenswerten Ermittlungsergebnisse gebracht. Oft werden die Einbrüche und Grabschändungen erst geraume Zeit nach den eigentlichen Coups bemerkt. Nämlich dann, wenn Angehörige die Gräber ihrer Liebsten aufsuchen.
Kommentare