Niederösterreicher betäubte und missbrauchte Partnerin: Haftstrafe

Am Landesgericht Korneuburg musste sich ein 42-Jähriger vor einem Schöffensenat dafür verantworten, die Mutter seiner beiden Kinder betäubt, missbraucht und gefilmt zu haben.
"Dass über 20 Polizisten am 19. Februar vor ihrem Haus gestanden sind, hat sie mit voller Wucht getroffen. An diesem Tag ist eine Welt für sie zerbrochen. Sie hat eine posttraumatische Belastungsstörung und eine Angststörung. Aber im Alltag muss sie funktionieren", sagte Opferanwältin Sonja Aziz im Schlussplädoyer über ihre Mandantin, eine zweifache Mutter.
Diese hat etwas erlebt, das an die Französin Gisèle Pelicot erinnert: Sie wurde von ihrem Lebensgefährten betäubt, vergewaltigt und dabei gefilmt.
Als der Angeklagte den Saal 14 im Korneuburger Landesgericht betrat, hielt er sich eine Mappe vors Gesicht. Er hatte Angst, selbst fotografiert oder gefilmt zu werden; das ist in Gerichtssälen jedoch verboten.
Der 42-Jährige wurde beschuldigt, seine Lebensgefährtin Ende März 2014 vergewaltigt zu haben. Dabei habe er sie betäubt, mit ihr oralen, analen und vaginalen Geschlechtsverkehr gehabt. Anal und vaginal habe er ihr auch Gegenstände eingeführt. Das alles hielt er bildlich fest.
Im selben Jahr sei es zu drei weiteren Vergewaltigungsversuchen gekommen: Er hatte seine Lebensgefährtin aber nicht ausreichend sediert und sie wachte auf, als es zum Vergewaltigungsversuch kam.
Woher der Staatsanwaltschaft das alles so genau wusste? Durch eine Online-Kommunikation mit einem Deutschen, in der der Angeklagte alles genau dokumentiert hatte - auch mit Filmen und Bildern.
Angeklagter wollte sich im Chat mit Tat profilieren
"Man kann nichts beschönigen", kündigte der Verteidiger an, dass sich sein Mandant schuldig bekennen werde. Da die Vorfälle mehr als zehn Jahre her seien, seitdem so etwas nicht mehr vorgekommen und der Angeklagte bisher unbescholten sei, bat der Jurist die Schöffen um ein mildes Urteil. Zudem habe sich sein Mandant in der Untersuchungshaft dazu entschlossen, eine Psychotherapie zu machen.
Der 42-Jährige bekannte sich schuldig. Aber: Es stimme nur zum Teil, was ihm vorgeworfen wird. "Ich habe im Chat mehr geschrieben als tatsächlich stattgefunden hat, weil ich mich profilieren wollte", gab er auf der Anklagebank zu. So habe es lediglich zwei weitere Vergewaltigungsversuche gegeben.
Richter Martin Bodner wollte zunächst wissen, wie der Angeklagte seine Lebensgefährtin kennengelernt hat: Die beiden waren noch keine 20, als sie zusammengekommen sind. Schnell ist das Paar zusammengezogen, im Jahr 2006 haben sie sich ein Haus gekauft.
Nach Schicksalsschlägen ins Internet geflüchtet
Einige Jahre später war "familiär viel los", wie es der Angeklagte ausdrückte. Seine Lebensgefährtin war mit dem ersten Kind schwanger, hatte eine Schwangerschaftsvergiftung und das Kind kam im sechsten Monat auf die Welt. Der Vater des Angeklagten erkrankte an COPD, erhielt "mehr schlecht als recht" eine Lungentransplantation, entwickelte dann eine Schizophrenie, die die Familie belastete. "Meine Mutter machte einen Suizidversuch." All das spielte sich zwischen 2011 und 2013 ab.
In vielen schlaflosen Nächten habe sich der Angeklagte ins Internet geflüchtet, er spielte Onlinespiele "und ich habe auch erotische Seiten konsumiert". Das Paar bekam noch ein zweites Kind. "Ab 2014 bis zu meiner Festnahme im Februar waren es die schönsten Jahre meines Lebens", berichtet der 42-Jährige von einem "total harmonischen" Familienleben.
Als es darum ging, die Taten zu schildern, wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen, da es um die höchstpersönlichen Lebensbereiche des Paares ging. Ebenso bei der Aussage des Opfers.
Knapp zwei Stunden später hielt der Staatsanwalt sein Schlussplädoyer: Dass der Angeklagte sein Opfer bewusstlos gemacht habe, sei als massive Gewalt anzusehen. Außerdem sei der Angeklagte nach wie vor davon fasziniert, mit einer Frau in Ohnmacht Sex zu haben. Zudem habe er aktuell die Fantasie, einer Frau eine Ecstasy-Tablette in ein Glas zu werfen.
"Chemische Unterwerfung dort, wo sich Frauen sicher fühlen"
"Wir müssen der Gesellschaft klar und deutlich zeigen, dass so etwas ein schweres Verbrechen ist", pochte der Staatsanwalt, das Strafmaß generalpräventiv anzusetzen. Möglich waren fünf bis 15 Jahre. In dieselbe Kerbe schlug Opferanwältin Aziz - und fand deutliche Worte: "Die chemische Unterwerfung ist da angekommen, wo sich Frauen sicher fühlen: Daheim im Schlafzimmer an der Seite ihrer Partner."
Dass der Angeklagte übertrieben und sich gegenüber dem Deutschen im Chat nur profilieren wollte, glaubte sie nicht: "Sie haben sich gegenseitig zu Inhalten in ihren Videos motiviert." Er habe sich selbst informiert, wie man Drogen zur Sedierung herstellen kann. Außerdem hätte er bereits mit 18 "Pornos mit solchen Inhalten" konsumiert.
Der Verteidiger führte im Schöffenprozess einige Milderungsgründe an: Sein Mandant sei reumütig, geständig, bisher unbescholten. Zudem befinde er sich in Therapie.
Sieben Jahre Haft
Die Schöffen berieten nur elf Minuten und Richter Martin Bodner verkündete das Urteil: Schuldig. Der Angeklagte wurde zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, zudem muss er seiner ehemaligen Lebensgefährtin 10.120 Euro Schadenersatz zahlen. Der Angeklagte nahm das Urteil nicht an, es ist nicht rechtskräftig.
Der Richter sprach von einer "besonderen Erniedrigung" des Opfers. Der Angeklagte habe ein schweres Verbrechen begangen. "Sie haben das Vertrauensverhältnis massiv missbraucht." Außerdem sei der Angeklagte kein Arzt, die Verabreichung der Medikation hätte fatale Folgen haben können. "Dass Sie in Therapie sind, ist gut, hilft dem Opfer aber nicht", sagte der Richter.
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