"Freiwillige sind Billigkonkurrenz"
Tausende Niederösterreicher retten ehrenamtlich Leben. Neben dem Job, mitten in der Nacht und unbezahlt.
Doch die Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ) denkt jetzt laut über eine Reform des Rettungssystems im viel zitierten "Land der Freiwilligen" nach. Heute, Mittwoch, veranstaltet die Kammer eine Podiumsdiskussion mit dem Titel "Helfer in Not? Aktuelle Herausforderungen im niederösterreichischen Rettungswesen".
Thema der Veranstaltung ist vor allem der Arbeitnehmerschutz der Retter – der ist zwar bei den hauptberuflichen Sanitätern gesetzlich geregelt, aber nicht bei den Freiwilligen. Nicht nur, aber auch deshalb will die Arbeiterkammer nun "mehr Professionalität" ins Rettungswesen bringen. Soll heißen: Mehr hauptberufliche Sanitäter, weniger freiwillige. "Wir fordern solide Qualifikationen der Retter. Es braucht mehr Angestellte im Rettungsdienst", sagt Bernhard Rupp, Leiter der Abteilung Gesundheitswesen der AKNÖ. "Die Retter sind schließlich diejenigen, die uns von der Straße auflesen." Die "Mixtur", wie Rupp sagt, aus hauptberuflichen Sanitätern, Zivildienern und Freiwilligen sei volkswirtschaftlich nicht förderlich. "Wenn so viele freiwillig Arbeit leisten, wer wird dann für Arbeit noch entlohnt?"
Wachstum, kaum Jobs
Der Gesundheitssektor, sagt Rupp, sei einer der wenigen Sektoren, die sich im Wachstum befinden. Trotzdem finden Arbeitslose dort kaum Jobs – denn die erledigen mitunter die Freiwilligen. "Zivildiener und Freiwillige sind, wenn man so will, eine Billig-Konkurrenz für diejenigen, die von dieser Arbeit leben könnten", sagt Rupp.
Bei den Rettungsorganisationen stößt der Vorstoß auf breite Ablehnung. "Das Qualitätsargument ist Blödsinn", sagt Christof Constantin Chwojka, Geschäftsführer der Rettungsleitstelle Notruf 144 NÖ. "Die Freiwilligkeit ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Systems. In der Ausbildung gibt es zwischen Freiwilligen, Zivildienern und Hauptberuflichen keinen Unterschied", sagt Chwojka. "Viele Dienste wären ohne Freiwillige gar nicht möglich." Die Kriseninterventionsteams etwa bilden fast zu 100 Prozent die Freiwilligen.
Dass Freiwillige Jobs blockieren,will man auch beim Roten Kreuz nicht gelten lassen: "Die Freiwilligen arbeiten dort, wo es keine Hauptberuflichen gibt", sagt Landesgeschäftsführer Peter Kaiser. Den Vorstoß der AKNÖ hält er für "völlig unverständlich". "Unser Rettungswesen ist eines der hochwertigsten. Andere Länder beneiden uns darum." Die Argumente der Kammer kenne man, nur wisse niemand, wie ein solches System finanziert werden soll.
Kommentare