Freispruch für "Bullen von Tölz"

Freispruch für "Bullen von Tölz"
Der erfahrene Beamte glaubte einem vergewaltigten Mädchen nicht und ignorierte bei den Ermittlungen die Vorschriften.

Der erfahrene Polizist hatte Zweifel an der Geschichte der 15-Jährigen: Das Mädchen gab an, am Neujahrstag im Bezirk Mistelbach vergewaltigt worden zu sein. Doch das Opfer erzählte völlig ruhig von dem Erlebten, am Tatort fanden sich keine Spuren. Das ist die eine Seite einer tragischen Geschichte - und dafür entschuldigt sich der Kriminaldienstleiter am Landesgericht Korneuburg auch. Vor Gericht steht er aber, weil er über Einvernahmen keine offiziellen Aufzeichnungen führte, keinen Tatort-Bericht anfertigte und den eigentlichen Leiter des Ermittlungsverfahren, den Staatsanwalt, erst informierte, als die Sache geklärt war.

Freispruch für "Bullen von Tölz"

"Missbrauch der Amtsgewalt" nennt das Korruptionsstaatsanwalt Roman Reich. "Ein Polizist vom alten Schlag und vom Land, wo manches eben ein bisserl anders läuft", sagt Verteidiger Nikolaus Rast dazu.

Fakt ist: Der Täter war nach zehn Tagen gefasst und wurde bereits zu sechs Jahren Haft verurteilt. "Dem Polizisten gebührt eigentlich eine Belobigung", meint Rast. Und: "Obwohl er am Anfang dem Opfer nicht wirklich geglaubt hat, hat er begonnen zu ermitteln. Von Faulheit oder Vertuschung kann keine Rede sein."

Seit jeher hat der Polizist erfolgreich ohne den lästigen Papierkram gearbeitet. Und dass eigentlich der Staatsanwalt die Ermittlungen leiten müsste, das habe er nicht gewusst. "Die Strafprozessordnung wurde 2008 novelliert - das kann Ihnen nicht jahrelang entgangen sein", sagt Richter Manfred Hohenecker. "Es hat da schon eine Schulung gegeben", erinnert sich der Angeklagte. Aber geändert hätte das an seiner Arbeitsweise nichts.

Die Eltern des betroffenen Mädchens waren bereits bei der zweiten Einvernahme misstrauisch geworden. Denn Aufzeichnungen machte der Angeklagte keine. "Alles hier oben gespeichert", soll der Beamte gesagt und sich gegen den Kopf getippt haben. "Wir hatten den Eindruck, dass nicht mit entsprechendem Nachdruck ermittelt wird."

Dem Polizisten tut es heute sehr leid, dass er den Vorfall nicht von Beginn an geglaubt hat. Er sieht Verfehlungen ein, bekennt sich aber nicht schuldig. "Sie sind herumgetapst wie der Bulle von Tölz, ohne sich um Vorschriften zu kümmern", sagt Richter Hohenecker. Das sei ein Dienstvergehen, aber kein Amtsmissbrauch.

Urteil: Freispruch, nicht rechtskräftig.

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