Hintergrund ist, dass die Sozialmärkte auch eine Arbeitsmarkt-Initiative waren. Mit Förderungen von AMS und Land NÖ wurden befristete Arbeitsplätze angeboten, mit denen Langzeitarbeitslose wieder in den regulären Arbeitsmarkt eingegliedert werden sollten. Ende 2018 gab das AMS bekannt, dass die notwendige Integrationsquote nicht erreicht werden konnte. Das Land NÖ förderte noch ein Jahr länger, doch nun wird auch diese Subvention eingestellt.
Alte und Frauen wären betroffen
Damit gehen nun mit einem Schlag 40 Arbeitsplätze verloren, bedauert Brillmann. Und plötzlich stellt sich die Frage: Wer wird die Sozialmärkte künftig schupfen? Derzeit wird bei SAM NÖ gerechnet. „Wir haben schließlich 27.000 Kunden, davon 11.000 Kinder“, verdeutlicht Brillmann den Bedarf.
Von den Schließungen wären übrigens vorwiegend Alte und Frauen betroffen: 25 Prozent aller Kunden sind Pensionisten, 52 Prozent aller die im Sozialmarkt einkaufen sind weiblich. Anspruch auf einen Einkaufspass haben Menschen, deren Einkommen (in einem Ein-Personen-Haushalt) 1.200 Euro im Monat nicht überschreitet.
Schon 2018 hatte man Personal in der Verwaltung eingespart, die mobilen Sozialmärkte im Most- und Waldviertel gestrichen. Der Standort in Klosterneuburg (Bezirk Tulln) wurde vom Roten Kreuz übernommen.
Dabei hat die Nachfrage zuletzt massiv zugenommen. 2018 wurden 204.443 Einkäufe in den Märkten getätigt, 2019 werden es voraussichtlich 216.359 sein – um sechs Prozent mehr. Aufgrund des Bedarfs wurde daher im Mai 2019 auch eine Verkaufsstelle in Horn in Kooperation mit dem Verein „Willkommen Mensch“ eröffnet.
Der Verein SAM NÖ ist nicht als einziger betroffen. Auch die Zukunft der Sozialmärkte der Volkshilfe in Wiener Neustadt und Schwechat ist laut Geschäftsführers Gregor Tomschizek ungewiss. Allein heuer wurden dort 2.500 Einkaufskarten ausgegeben. „Wir stehen in Gesprächen mit den Standortgemeinden und hoffen auf deren Unterstützung“, sagt Tomschizek. Er hofft noch auf ein Umdenken bei AMS und Land. Bei der Volkshilfe gehen sechs Arbeitsplätze verloren. Der Verein JOBcare musste bereits Anfang des Jahres aufgeben; den Markt in Krems übernahm die Caritas der Diözese St. Pölten.
Bei den Trägern versteht man die Entscheidung, die Förderungen zu streichen, nicht. „Die Menschen haben durch die Arbeitsplätze wieder Würde erlangt“, sagt Brillmann. Sie seien wieder ins Arbeitsleben eingetaucht - wenn auch nur kurzfristig. So hätten sie sich aber zumindest neue Ansprüche erarbeiten können. Tomschizek spricht auch von einem sozialen Mehrwert. Es sei unverständlich warum AMS und Land auf diesen verzichten.
Gemeinsam stärker
Bei SAM NÖ hofft man nun, dass sich Freiwillige melden. Sie müssten sich zutrauen, Fahrten- und Kassendienste zu absolvieren. Bereits jetzt engagieren sich 260 Menschen ehrenamtlich, die meisten aber lediglich bei der Warensortierung. Zumindest organisatorisch unterstützen will man beim Land, die Träger vernetzten sich in einer Arbeitsgruppe unter Leitung der Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister. So sollen etwa Lebensmittelspenden besser organisiert werden.
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