Flüchtlingsdienste in Bedrängnis: Vorwürfe gegen Waldhäusl

Flüchtlingsdienste in Bedrängnis: Vorwürfe gegen Waldhäusl
Diakonie beklagt, keine Flüchtlinge mehr vom Land zugewiesen zu bekommen. Nun müsse man die Einrichtungen schließen.

Die Insolvenz des Vereins menschen.leben sorgte unter Flüchtlingshelfern für Bestürzung. Nun wurde bekannt, dass auch der Diakonie Flüchtlingsdienst in Bedrängnis ist. Ebenso wie bei menschen.leben erhebt man dort schwere Vorwürfe gegen das Land Niederösterreich.

Anfang Dezember musste die Diakonie das Paul-Weiland-Haus in Baden schließen. Vier Jahre bot die Asylunterkunft, die nach dem 2015 verstorbenen Superintendenten der evangelischen Kirche benannt ist, Platz für 92 gesunde Flüchtlinge und 60 Kranke mit erhöhtem Betreuungsbedarf. Doch nun habe man sich den Betrieb mit 24 Stunden-Betreuung, und Fachpersonal nicht mehr leisten können. „Wir haben seit Sommer keine einzige Zuteilung vom Land bekommen“, sagt Christoph Riedl, Rechtsexperte der Diakonie.

Flüchtlingsdienste in Bedrängnis: Vorwürfe gegen Waldhäusl

Christoph Riedl beklagt Willkür beim Land NÖ

Die Einrichtung sei aber kein Einzelfall: „Im Jugendbereich ist es am Schlimmsten. Wir haben drei Häuser betrieben, mit Jahresende schließt das letzte“, sagt Riedl. 20 Jahre lang habe man minderjährige Flüchtlinge (UMF) in NÖ betreut. Riedl übt heftige Kritik am Land Niederösterreich und die zuständige Koordinierungsstelle. Verlegungen von Jugendlichen seien kurzfristig und ohne Infos erfolgt bzw. falsche Versprechungen gemacht worden. „Leerstand, Schließungen und Fehlinformationen haben uns 960.000 Euro gekostet.“

Keine Unterbringungen der Diakonie mehr

Auch im Erwachsenenbereich sei die Lage verheerend. Zwischen Mitte 2015 und Ende 2018 habe die Diakonie 620 Unterbringungsplätze geschaffen und 520 wieder geschlossen. 100 Plätze gibt es noch in Wohnungen. Die Diakonie rechnet damit, diese im März 2019 auflassen zu müssen. „Dann gibt es keine Unterbringungen der Diakonie für Flüchtlinge in Niederösterreich mehr“, formuliert es Riedl drastisch. Und: „Das alles hat 1,13 Millionen Euro an Kosten verursacht.“ Mit Jahresende werden von 60 Mitarbeitern nur noch fünf beschäftigt sein.

„Das ist nichts, was man so einfach wegsteckt, auch als größere Organisation“, sagt Riedl zur Situation des Diakonie Flüchtlingsdienstes. Das Land dränge Träger an den Rand der Existenz.

Ausgehungert

Generell, so ist Riedl überzeugt, würden Organisationen wie die Diakonie vom zuständigen Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) ausgehungert, „stattdessen werden Freunde bedient“. Ein Eindruck, der auch von anderen Organisationen bestätigt wird. Gemeint sind vor allem die Einrichtungen von Herbert Eder oder seinem ehemaligen Geschäftspartner Christian Kogler, der mit dem umstrittenen Jugend-Quartier in Drasenhofen kürzlich in die Kritik geraten ist.

Willkür bei der Zuweisung weist man im Büro des zuständigen Landesrats Waldhäusl zurück. Das sei der normalen Entwicklung der Flüchtlingszahlen geschuldet, sagt eine Sprecherin – sie würden stetig sinken. 5400 Volljährige sind derzeit in 440 Quartieren von rund 120 Betreibern untergebracht. „Das Land NÖ bekommt derzeit vom Bund monatlich 20 bis 30 Asylwerber zur Übernahme in Landesquartiere angeboten“, heißt es aus dem Büro Waldhäusl. Viel aufzuteilen gebe es also nicht, man sei um gerechte Verteilung auf die Bezirke bemüht. „Manche Quartiere werden deswegen schneller leer, weil dort eventuell mehr Fremde negativ beschieden werden.“ Dazu kämen 242 Minderjährige in UMF-Einrichtungen.

"Jeder hat das Problem"

Auch Eder selbst weist den Vorwurf und die Andeutung, er habe ein Naheverhältnis zu Waldhäusl, zurück. „Jeder hat das Problem derzeit“, sagt er. „So schnell kann man Quartiere gar nicht schließen.“ Derzeit habe man noch Plätze für 600 Asylwerber, 100 davon seien frei. Zu Spitzenzeiten waren es noch 2500 Plätze. „Wir verlieren derzeit pro Woche fünf bis zehn Asylwerber.“ Auch die Mitarbeiterzahl habe man von 140 auf 45 reduzieren müssen. Zuweisungen erhalte man ebenfalls kaum. „Zwei bis drei pro Woche, und das ist schon hoch gegriffen.“

„Es ist was anderes, ob man auf einen Rückgang reagiert, oder ob politisch gesteuert die missliebigen Organisationen hinausgedrängt werden. Und das kann auch nicht rechtskonform sein.“, sagt Riedl von der Diakonie.

Abgelehnt

Den Beteuerungen Eders zum Trotz fällt auf: Die Betreuung der verbliebenen 113 Flüchtlinge aus dem ehemaligen Paul-Weiland-Haus hat nun ebenfalls – vorübergehend – Eders SLC Asylcare übernommen.  Das hat einen interessanten Hintergrund: Denn eigentlich wollte der Verein menschen.leben ab Dezember das Haus weiterführen. Es gab Gespräche mit dem Land, bestätigt Sprecher Christian Lenhardt. „Aber da ist nichts daraus geworden.“ Wenige Tage später übernahm plötzlich Eder.

 

 

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