Falsch eingeschätzt: Oligarch entpuppt sich als edler Spender

Falsch eingeschätzt: Oligarch entpuppt sich als edler Spender
Ein Dorf in NÖ zitterte vor reichem Russen mit Jagdflinte und dicker Brieftasche. Statt Protz und Glamour gab es soziales Engagement.

Die Attribute waren wenig schmeichelhaft, als 2007 durchsickerte, dass ein russischer Oligarch sich das riesige Forst- und Jagdgut Brunntal im niederösterreichischen Rohr im Gebirge unter den Nagel gerissen hat. Die skeptische Landbevölkerung des 459-Einwohner-Dorfes sah schon Verhältnisse wie im mondänen Kitzbühel oder St. Moritz auf sich zukommen – Hubschrauber, Limousinen, Pelzmäntel, schrille Champagner-Partys und schießwütige Russen inklusive. Am Stammtisch gingen die Wogen hoch.

Eingetreten ist jedoch das Gegenteil. Dreizehn Jahre später gesteht man in der Region gerne ein, dass man falsch gelegen ist und dem Industriellen Rashid Sardarov zu Unrecht klischeehaftes Verhalten eines protzigen Milliardärs unterstellt hatte.

„Es gab zu Beginn wirklich große Skepsis und Ängste. Aber es ist de facto nichts Unangenehmes eingetreten. Im Gegenteil, sehr viele hier haben vom Engagement des Herrn Sardarov profitiert. Auch die Gemeinde“, sagt Christian Wagner, Bürgermeister von Rohr im Gebirge.

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Bürgermeister Wagner lobt das soziale Engagement des Russen

Als zuletzt die Volksschule im Ort dringend saniert werden musste, war es der Russe, der Geld für die Fassadengestaltung und den Kinderspielplatz im Schulhof locker machte und diesen selbst danach besuchte.

Eine Million für Region

„Über einen Verein werden seit 2011 ausgesuchte und sinnvolle Projekte in der Region von Herrn Sardarov finanziell gefördert. Wichtig ist, dass die Gemeinnützigkeit im Vordergrund steht“, erklären die Verwalter des Forst- und Jagdguts, Nicholas und Gregor Schreier. Bis heuer wurden auf diesem Weg bereits eine Million Euro in der Region ausgeschüttet.

Ferdinand Raimund

Ohne die finanzielle Hilfe von Sardarov wäre es sogar um die Raimund-Festspiele in Gutenstein schlecht bestellt gewesen. „Wir haben 40.000 Euro für das Theaterzelt bekommen. Ohne dieser Zuwendung hätten die Raimundspiele wenig Chancen gehabt zu überleben“, sagt Gutensteins Bürgermeister Michael Kreuzer. Der Oligarch gilt auch als der Retter des Freibades, und mit seiner 70.000-Euro-Subvention konnte auch das Musikerhaus neu gebaut werden. „Damit hat er wesentliches für die sozialen Kontakte in der Gemeinde beigetragen“, so Kreuzer.

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Besonders glücklich war die kleine Ortsfeuerwehr Rohr, als der Oligarch für den Ankauf eines Rüstlöschfahrzeugs 40.000 Euro locker machte. Um sich gebührend zu bedanken, fuhren die Mannen in Uniform mit dem roten Vehikel vor dem Jagdschloss des Wohltäters vor. Der Oligarch begrüßte die Feuerwehrleute in Flip-Flops und posierte für Fotos. „Ein seltener Moment. Sonst ist er eher sehr zurückgezogen und genießt die Abgeschiedenheit, wenn er im Brunntal ist“, erklärt Nicholas Schreier.

Insgesamt waren es mehr als 30 Millionen Euro, die der Oligarch in den herrschaftlichen Landsitz investiert hat. „Die Wertschöpfung ist in der Region geblieben. Es sind viele Firmen aus der Gegend bei den Arbeiten zum Zug gekommen. Der Betrieb beschäftigt eine Menge Leute von hier“, so Wagner.

Errichtet wurden neben dem Jagdschloss des Hausherren zwei stattliche Gästehäuser sowie Wirtschafts- und Nebengebäude. Verantwortlich dafür zeichnete sich mit der Familie Postl ein lokaler Holzbau-Spezialist.

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 Eines der Gästehäuser liegt direkt am Naturteich im Brunntal

Unter besonderer Beobachtung der Behörde stand vom ersten Tag an das jagdliche Treiben auf Gut Brunntal. Die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt verfolgt das Geschehen mit Argusaugen. Die stark kritisierten Treibjagden, wie man sie aus anderen Gattern kennt, sind im Brunntal völlig ausgeblieben. „Wir verfolgen eine andere Philosophie. Es besuchen uns Jagdgäste aus aller Welt, die ihrer Leidenschaft nachgehen. Aber wir sind sehr bedacht darauf, dass dies auch waidmännisch passiert. Eine Treibjagd oder Ähnliches kommt nicht in Frage“, sagt Schreier.

Prämiertes Foto

Besonders wegen der Abgeschiedenheit und der einzigartigen Naturkulisse entdecken immer mehr Firmen gerade für teambildende Maßnahmen und Outdoor-Aktivitäten das Brunntal für sich.

Auch als malerischer Ort für die ein oder andere Traumhochzeit hat das Gut zuletzt für Furore gesorgt. Nachdem Sardarov die Tore zu seinem Refugium für befreundete Paare seiner Verwalter als exklusive Hochzeitslocation geöffnet hat, ist man gleich mit einem Preis belohnt worden. Künstlerin und Fotografin Michaela Brandl erhielt für das Foto eines Brautpaares, dass es sich am Steg des Naturteichs bequem macht, den „Wedisson Award“ für das beste Hochzeitsfoto 2019.

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 Prämiertes Hochzeitsfoto: Das Ehepaar posiert am Holzsteg

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