EU nimmt Kanalgesetz ins Visier

EU nimmt Kanalgesetz ins Visier
Nach einer Petition prüft die EU-Kommission, ob die Verrechnung der Kanalgebühren in NÖ rechtens ist.

Wolfgang Laaber gibt nicht auf. Seit Jahren kämpft der streitbare Blindenmarkter gegen die aus seiner Sicht ungerechte Berechnung der Kanalgebühren in Niederösterreich. Jetzt hat er einen mächtigen Verbündeten gefunden. Im Extremfall könnte Wolfgang Laabers Hartnäckigkeit bald zu einer Gesetzesänderung führen.

Nicht nach der Menge des über die Gemeindekanäle entsorgten Abwassers, sondern nach der Größe der an die Kanalisation angeschlossenen Gebäude wird die Kanalgebühr in NÖ verrechnet. Für Laaber und seine Unterstützer eine krasse Ungerechtigkeit, die noch dazu seit 2010 der EU-Wasserrahmenrichtlinie widerspricht.

"Dort wird die Berechnung nach dem Verursacherprinzip verlangt, damit Wasser möglichst effizient genutzt wird. Bei uns kann man wertvolles Trinkwasser in beliebigen Mengen im Kanal verschwinden lassen", beklagt Laaber.

Plattform

2005 gründete der Hauptschullehrer Laaber die Plattform wirbasisdemokraten.at, sammelte Hunderte Unterschriften und bestritt mit seinem Anliegen einige Wahlkämpfe. Seit dem Vorjahr ist er Bürgerlistengemeinderat in seinem Heimatort im Bezirk Melk. Konsequenz im ökologischen Denken zieht der 57-Jährige in der täglichen Praxis durch. Er besitzt kein Auto und legt auch weite Strecken mit dem Fahrrad zurück.

Mit seiner Petition hat sich Laaber jetzt auch ans Europäische Parlament gewandt. Mit Erfolg: Im Antwortschreiben bestätigt der Petitionsausschuss zum Teil seine Sicht der Dinge. "Es liegt auf der Hand, dass eine Pauschalberechnung nach der Wohnfläche nicht zu Wassereinsparungen führt", heißt es im Schreiben der EU-Experten. Diese Berechnungsart könnte tatsächlich ungesetzlich sein, meinen sie. Allerdings habe jedes Land die Möglichkeit seine Berechnungsform zu begründen, dabei würde regionale Flexibilität eingeräumt. Geografische und klimatische Aspekte könnten miteinbezogen werden.

Was den Kanalrebellen aber besonders zuversichtlich stimmt, ist die Ankündigung einer konkreten Prüfung der rechtlichen Regelung in Österreich durch die EU-Kommission. "Die Kommission wird die Umsetzung des Artikels 9 (der Wasserrahmenrichtlinie, Anm. Red.) in Österreich im Zusammenhang mit der Bewertung der nationalen Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete prüfen", wird im Antwortschreiben zugesichert. 2012 soll ein Bericht über die Überprüfung veröffentlicht werden.

Protestaktion

Laaber sieht in NÖ jedenfalls keinen Grund für ein Gesetz außerhalb der EU-Richtlinie und verweist auf andere Bundesländer, wo Kanalnützer nach dem Verursacherprinzip abgerechnet werden. Er selbst will sich in die Debatte mit einer Protestaktion einschalten und einen Teil der Kanalgebühr einbehalten.

Das wiederum findet der zuständige Umweltverband weniger fein und droht Laaber mit Pfändung. Alois Hubmann, Chef des Melker Umweltverbandes, argumentiert so: "Wir richten unsere Gebührenvorschreibungen genau nach dem Gesetz. Sollte jemand die Vorgabe nicht erfüllen, müssen wir die Differenz exekutieren." Auf Landesebene sieht man der Sache gelassen entgegen. Gerald Grohs vom Gemeindereferat wusste bis zum KURIER-Anruf weder über die EU-Petitionsantwort noch über bevorstehende Prüfungen der EU-Kommission Bescheid. "Wir sind der Auffassung, dass das Kanalgesetz keinen Widerspruch zur Wasserrahmenrichtlinie darstellt. Es gibt keinen Grund für eine Anpassung oder Novellierung."

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