Eltern getötet: Erste Zeugen bei Prozess in NÖ

Eltern getötet: Erste Zeugen bei Prozess in NÖ
Angeklagter laut Zeugen ruhig und introvertiert. Für Cousine war 85-Jähriger zuletzt "ein Tyrann".

Am zweiten Verhandlungstag im Wiener Neustädter Prozess um einen Doppelmord Anfang Jänner in Perchtoldsdorf ist als erster Zeuge der unmittelbare Vorgesetzte des angeklagten ÖBB-Beamten befragt worden. Er beschrieb den 48-Jährigen als beruflich sehr korrekt, kollegial und hilfsbereit, privat aber eher verschlossen. Dass die Familie des Mannes gehörlos war, hatte der Zeuge nicht gewusst.

Im Zuge der weiteren Befragungen wurde deutlich, was bereits vor einer Woche angeklungen war: Der vom Angeklagten als dominant beschriebene Vater dürfte sich nach mehreren Schlaganfällen ziemlich verändert haben. Der 85-Jährige wurde als stur und aufbrausend beschrieben, sein Sohn als hilfsbereit und ruhig.

Der Lebensgefährte der zehn Jahre jüngeren Schwester sagte in Gebärdensprache aus, dass sich die spätere Tatwaffe seit mindestens sieben Jahren im Haus befunden hatte. Bei seinem allerersten Besuch habe ihm der 85-Jährige nämlich den Baseballschläger gezeigt mit den Worten, keine Angst vor Einbrechern zu haben. Der Schwiegervater habe sich zunehmend über alles aufgeregt, war "ungeduldig und anstrengend".

Die Cousine des Angeklagten hatte die Familie in Perchtoldsdorf alle zwei, drei Wochen besucht. Ihre Tante habe sich beschwert, dass ihr Mann immer unleidlicher werde, erzählte die Zeugin: "Er war in letzter Zeit wirklich ein Tyrann." Den von ihr mitgebrachten Rollator ihrer verstorbenen Mutter habe der 85-Jährige zurückgewiesen. Er sei in Sachen Pflege und Betreuung völlig auf seine Frau fixiert gewesen. Diese musste ihn auch sauber machen, wenn er vom Spaziergang mit dem Hund mit "voller Hose" heimkam. Als die 75-Jährige die Hausarbeit körperlich nicht mehr schaffte, habe sie ihrer Tante geraten, endlich eine Putzfrau zu nehmen - was allerdings nicht infrage kam.

Ihr Cousin sei immer für die Eltern da gewesen, betonte die Zeugin. Als sie von der Bluttat im Radio hörte, war sie fassungslos, weil es einfach nicht vorstellbar war, dass er so etwas tun könnte.

Ein 48-Jähriger hatte mit dem Angeklagten schon als Kind auf der Straße oder am Spielplatz gespielt. Er wusste, dass dessen Eltern "ganz ganz schlecht" hörten: Die Kommunikation mit ihnen sei sehr schwierig gewesen. Im Alter von 17 verlor man sich dann aus den Augen, seit der Zeuge 1993 das Haus seiner verstorbenen Großeltern übernahm, lebte der Kontakt wieder auf. Die beiden trafen einander regelmäßig beim "Gassi gehen" mit ihren Hunden. Sein Jugendfreund habe alle Entscheidungen auf seine Eltern abgestellt, dadurch aber nicht belastet gewirkt.

Auf der "Hundewiese" hatte eine weitere Zeugin den Angeklagten vor 15 Jahren kennengelernt. Er sei "wahnsinnig hilfsbereit" und "sehr verlässlich", aber "immer so introvertiert", erklärte die Bekannte. Er habe auf Befehl des Vaters stante pede Holz schlichten, Rasen mähen, diesen ins Hörstudio und die Mutter zum Einkauf chauffieren müssen. Während ihrer Spaziergänge mit den Hunden trafen SMS seiner Mutter ein, er möge heimkommen, weil der Vater schon wieder herumschreie.

2015 fand die Zeugin den Senior nach einem Sturz blutend auf und wollte ihm ins Haus helfen. Als die 75-Jährige nicht gleich öffnete, habe er fürchterlich mit ihr geschimpft, schilderte sie. Nach einem weiteren Sturz auf der Straße im Vorjahr habe er "ganz wild" gesagt, man habe extra ein Loch für ihn gegraben - wen er meinte, sei nicht klar gewesen.

Dem nach seinem Anruf bei der Polizei als erster am Tatort eintreffenden Beamten kam der 48-Jährige mit erhobenen Händen entgegen und sagte "jetzt hab' ich sie endlich erschlagen. Ich kann nicht mehr." Der Mann habe extrem ruhig, emotionslos, gefasst gewirkt, schilderte der Chefinspektor.

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