Eine Lücke, die sich nicht schließen will
Das letzte Stück ist immer das schwierigste: 19 Kilometer trennen Wien noch davon, ähnlich wie andere Metropolen auch, über eine durchgehende Außenring-Umfahrung zu verfügen. Noch immer warten Autofahrer ungeduldig auf den Baubeginn des S1-Abschnittes Schwechat–Süßenbrunn, inklusive des acht Kilometer langen, umstrittenen Lobautunnels.
Derzeit läuft noch die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das 1,8 Milliarden Euro teure Mega-Projekt. "Wir hoffen, dass der Bescheid im Jänner oder Februar vorliegen wird", sagt Thomas Grünstäudl von der Asfinag. Mit den zu erwartenden Einsprüchen werden die ersten Bagger für den Bau des Nordabschnittes (siehe Grafik) wohl frühestens 2016 anrollen können. Die Fertigstellung ist für 2018 geplant.
Fast zwei Jahre später als noch 2011 angenommen. Schuld daran ist eine Entscheidung des Umweltsenats zur Umfahrung Wieselburg in Sachen passiver Lärmschutz, die die Asfinag dazu zwang, auch für die S1 ihre Unterlagen entsprechend zu adaptieren.
Platz für 60.000 Autos
Kritikpunkte, die die Asfinag naturgemäß allesamt zurückweist. Sachverständige würden bestätigen, dass der Brandschutz gegeben sei. So werde es in der Seestadt eine eigene Station der Berufsfeuerwehr Wien geben, die auch für die Betreuung des Tunnels zuständig sein wird. Auch um den Grundwasser-Spiegel macht man sich keine Sorgen. "Es gibt ja bereits viele andere Tunnel in diesem Untergrund, etwa jenen der U1", sagt Asfinag-Experte Grünstäudl.
Ungeachtet der technischen Details wird der Tunnel aber demnächst wieder zum Politikum werden. Denn während für Bürgermeister Michael Häupl und die SPÖ der Lückenschluss – allein schon mit Hinweis auf das starke Bevölkerungswachstum in Wien – absolut unumgänglich ist, ist der grüne Koalitionspartner weiterhin strikt dagegen. "Die Republik hat derzeit wirklich andere Sorgen, etwa die Hypo Alpe Adria", sagt der grüne Umweltsprecher Rüdiger Maresch. Er plädiert alternativ für den Ausbau des S-Bahn-Netzes, zumal völlig fraglich sei, ob das Tunnel-Projekt überhaupt angesichts knapper Kassen überhaupt finanzierbar sei.
Bei den rot-grünen Koalitionsverhandlungen 2010 hatte man den verkehrspolitischen Zankapfel bewusst ausgeklammert. Und auch im aktuellen Mobilitätskonzept wird der Umfahrungsring nur kurz erwähnt. Spätestens nach der anstehenden Wahl 2015 könnte er abermals zum Spaltpilz werden. Der Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (SPÖ) – sein Bezirk würde am meisten von der Umfahrung profitieren – hat bereits eine Koalition mit den Grünen wegen ihrer Haltung zum Lobautunnel ausgeschlossen. Eine Chance für die Volkspartei, die sich zuletzt einmal mehr deutlich für das Großprojekt ausgesprochen hat.
Volksbefragung
Eine mögliche Lösung wäre eine länderübergreifende Volksbefragung zum Projekt in Wien und NÖ. Diese Idee hatte Häupl bereits 2010 ins Spiel gebracht. Ob es dazu kommt, ist allerdings offen.
Für die Asfinag ist der Lückenschluss der S1 zwischen Schwechat und Süßenbrunn unumgänglich. Hauptgrund sei die nötige Entlastung der Ortskerne von Essling, Aspern, Groß-Enzersdorf und Raasdorf.
Am Beispiel Essling rechnet die Asfinag die positiven Auswirkungen der Umfahrung vor. Ohne S1 würden demnach im Jahr 2025 täglich rund 30.000 Kraftfahrzeuge durch den kleinen Ort rollen. Nach Fertigstellung der S1 werde sich das Verkehrsaufkommen auf rund 25.000 Fahrzeuge pro Tag reduzieren. In der Breitenleer Straße sei sogar eine Verringerung des täglichen Verkehrs von rund 30 Prozent erwartbar, heißt es.
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