Flüchtlingskrise

"Ein wenig wie die Deppen der Nation"

"Willkommen Mensch"-Gruppen versorgen im Bezirk Amstetten bereits 300 Flüchtlinge
© KURIER/Wolfgang Atzenhofer"Willkommen Mensch"-Gruppen versorgen im Bezirk Amstetten bereits 300 Flüchtlinge
Flüchtlingshelfer im Most- und Waldviertel klagen über bürokratische Hürden.
Von Wolfgang Atzenhofer
21.12.15, 06:00
Kommentare

Viel Euphorie, aber auch Ärger und Enttäuschung schwingen mit, wenn Freiwillige die aktuelle Situation in der Flüchtlingshilfe schildern. Dramatische Wohnungsnot und bürokratische Hürden, etwa beim Erlangen vorgeschriebener Sprachzertifikate für Flüchtlinge, sind für Helfer oft zermürbend.

Mittlerweile sind es um die 700 Asylwerber, die in 23 Orten im Most- und Waldviertel von 800 Ehrenamtlichen unter der losen Plattform "Willkommen Mensch" unterstützt werden. Die meist pfarrlich organisierten Gruppen arbeiten eigenständig. Angesichts zunehmender Probleme solidarisiert sich die Helfertruppe aber zusehends untereinander.

"Ein wenig wie die Deppen der Nation"
© KURIER/Wolfgang Atzenhofer
Gabirele Starkl aus Aschbach mit Iwan Soufi , Syrer 30 Jahre, hat Kuchen gebacken. Zehn im Asylbereich engagierte Gruppen "Willkommen Mensch" aus Bezirk Amstetten betreuen 300 Asylwerber
"Es gibt genügend leer stehende Wohnungen, es wird aber immer schwieriger, private Quartiere zu bekommen", sind sich die Sprecher von zehn "Willkommen Mensch"-Initiativen aus dem Bezirk Amstetten mit dem Aktivisten Werner Scholz aus Ardagger einig. "Wir haben so viele Familien mit Kindern. Wo die alle einmal wohnen sollen, ist mir noch ein Rätsel", berichtet Christian Köstler aus Amstetten von der oft mühsamen Herbergssuche. 150 Menschen, viele mit bereits positiven Asylbescheiden, werden von 80 Amstettener Aktivisten bei der Bewältigung des täglichen Lebens und ersten Integrationsschritten unterstützt. In einer Notaktion musste man kürzlich zwei junge Irakerinnen ins Notquartier im Pfarrhof bringen. Ohne Wohnung bekämen sie keine Grundversorgung, hieß es in einem Bescheid der Landespolizeidirektion. "Ohne diese Unterstützung haben die Frauen aber keine Chance auf ein Quartier", erzählt Köstler kopfschüttelnd.

Zermürbend

Viele Telefonate und Behördenwege zermürben die österreichischen Helfer. Köstler: "Manchmal fühlt man sich ein wenig wie der Depp der Nation". Als Schikane empfinden Helferinnen, wie Karin Ortner aus Haidershofen, erst seit Anfang Dezember gültige Vorschriften. Demnach müssen Flüchtlinge zur Erlangung der Grundversorgung für einen zertifizierten Deutschkurs angemeldet sein. In jeder der Ortsgruppen werde nach besten Kräften Deutsch mit den Zuzüglern gelernt, "aber behördlich anerkannte Kurse gibt es einfach viel zu wenige", ist sich die Runde einig.

Für Gabriele Starkl (Bild oben) aus Aschbach kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. Sie serviert Kuchen, den der 30-jährige Syrer Iwan Soufi gebacken hat. Er wohnt seit wenigen Wochen mit vier Verwandten inmitten ihrer Familie. "Leider ist der Krieg der Grund dafür. Aber ich bin dankbar, diese Menschen kennengelernt zu haben", ist sie überzeugt.

(kurier.at)

Kommentare