Ein Traumstart, viele Premieren und ein Schatten in Baden

Das Stadttheater Baden
Der neue Chef der Bühne Baden, Andreas Gergen, über ein ausverkauftes Debüt, kindliche Leichtigkeit und die Orchester-Debatte.

„Toll, großartig, super“, Andreas Gergen spart auf die Frage, wie denn der Saisonstart und damit sein Debüt als neuer künstlerischer Leiter an der Bühne Baden verlaufen, kaum mit Superlativen. Das beste Beispiel für den Erfolg feiert am Freitag Premiere: Mit der österreichischen Erstaufführung von „Wicked“ ist Gergen ein großer Wurf gelungen. Und das Musical steht auch für die Handschrift, die Gergen dem Stadttheater geben will.

„Ich möchte ein Geschichtenerzähler sein und mache da keinen Unterschied zwischen Musical, Oper oder Operette“, sagt Gergen. Seine Interpretation von „Wicked“, der Vorgeschichte zum Zauberer von Oz, ist eine Parabel auf totalitäre Systeme – mit Anklängen an das epische Theater Bert Brechts.

"Düstere Geschichte"

„Das ist kein fröhliches Musical, sondern eine düstere Geschichte über Ausgrenzung, Vorurteile und eiskaltes politisches Kalkül“, sagt Gergen. Ein Zauberer, der nicht zaubern kann, aber ein großer Führer sein will und in der grünen Hexe ein Feindbild schafft, erinnert nicht von ungefähr an ein faschistisches Regime. „Wir erzählen eine Geschichte über den Mut, Nein zu sagen“, so Andreas Gergen. „Und wenn wir uns in der Welt umschauen, dann ist genau dieser Mut heute wichtiger denn je.“

Dass Baden Schauplatz der heimischen Erstaufführung ist, war „ein kleines Wunder“, so Gergen. Und ist auch seiner Bekanntschaft mit dem Musical-Komponisten und dreifachen Oscar-Gewinner Stephen Schwartz zu verdanken. Doch wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist: Alle Vorstellungen von „Wicked“ sind schon komplett ausverkauft.

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Andreas Gergen mit der Büste seines Vorbildes Max Reinhardt.

Uraufführungen

Aufsehenerregende Uraufführungen wird es aber auch künftig geben, denn Gergen arbeitet schon an der zweiten und auch an der dritten Saison. Wie berichtet, soll das Musical „Orlando“, inspiriert von Virginia Woolfs Roman, in der Spielzeit 2027/28 in Baden seine Weltpremiere feiern. Und auch für die nächste Saison kündigt Gergen schon eine Uraufführung an. Diesmal im Bereich der Operette. Mehr kann er dazu noch nicht verraten. Man darf gespannt sein.

Es könnte also alles so schön sein, würde das geplante Aus für das Orchester nicht wie ein Damoklesschwert über dem Theater hängen. „Unser Traumstart wird leider von der Orchester-Debatte überschattet“, sagt Gergen. Und er betont: „Ich habe meine künstlerische Konzeption für die Bühne Baden genau auf dieses Orchester und diese Voraussetzungen zugeschnitten. Ich brauche ganzjährig ein Orchester hier.“ Es sei aber ein Prozess in Gang gekommen, der Hoffnung auf eine gute Lösung gibt.

Abgesehen von diesem Schatten genießt der Deutsche seine Zeit in Baden und hat auch schon eine Wohnung in der Operettenmetropole. „Mit dem Einrichten bin ich noch nicht ganz fertig“, sagt Gergen lachend. Ein Lieblingsplatz im Stadttheater ist das Max-Reinhardt-Foyer, sieht er den großen Künstler doch als sein Vorbild. „Und das, weil er sich sein kindliches Gemüt bewahrt hat.“ 

Kindliche Leichtigkeit

Und Gergen hat auch gleich ein passendes Reinhardt-Zitat parat: „Es ist der seligste Schlupfwinkel für diejenigen, die ihre Kindheit heimlich in die Tasche gesteckt und sich damit auf und davon gemacht haben, um bis an ihr Lebensende weiter zu spielen.“ Mit dieser kindlichen Leichtigkeit möchte er der Bühne Baden seine persönliche Note geben.

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