Waffenschieber-Prozess gegen US-Promi: „Nie und nimmer Kriegsgeräte“

Erik Prince (M.) gründete die Söldnerfirma Blackwater, 2010 verkaufte er das Unternehmen
Promis fanden sich auf der Anklagebank am Landesgericht Wiener Neustadt schon einige ein. Aber noch niemand vom Kaliber eines Erik Prince – Intimus von Ex-US-Präsident Donald Trump und Gründer der berüchtigten Söldnerfirma Blackwater.
Angesichts seiner weltweiten Bekanntheit war der 54-jährige Amerikaner am Donnerstag die zentrale Figur im Prozess um den angeblichen Umbau von harmlosen Agrar- zu Kampfflugzeugen beim Wiener Neustädter Flugzeugausstatter Airborne Technologies GmbH. Prince war über die Frontier Services Group Limited (FSG) bis 2018 an Airborne beteiligt.
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Die Staatsanwaltschaft wirft Prince und den vier anderen Angeklagten (zwei Piloten und zwei Airborne-Geschäftsführern) vor, eine modifizierte Trush-Maschine zu „Kampfzwecken in ein Krisengebiet in den Südsudan“ gebracht zu haben. Für die Anklagebehörde ein klarer Verstoß gegen das Kriegsmaterialgesetz (KMG).

Experten gefragt
Was man der Entourage an Anwälten rund um den Wiener Strafverteidiger Norbert Wess nicht vorwerfen kann, ist mangelnde Vorbereitung. In einem fast einstündigen Eröffnungsplädoyer samt anschaulicher Präsentation zerpflückte Wess den Strafantrag auf Punkt und Beistrich. Das Anwälte-Team hatte sich Hilfe eines Sachverständigen und mit Professor Hubert Hinterhofer von der Universität Salzburg die Koryphäe auf dem Gebiet des Kriegsmaterialgesetzes geholt. Mit dem Ergebnis, dass die umgebauten Flieger „nie und nimmer Kriegsgeräte sind“, behauptet Wess.

Erik Prince (li.) mit Verteidiger Norbert Wess (mi.)
Airborne Technologies wurde 2008 gegründet. Die Firma mit Sitz am Flugplatz Wiener Neustadt ist spezialisiert auf Modifikationen von Flugzeugen und Helikoptern für Einsätze von Überwachungs-, Beobachtungs-, Vermessungs- und
Suchaufgaben bis hin zu hoheitlichen Missionen staatlicher Institutionen und Behörden. Zu den Kunden zählen vorwiegend europäische Exekutivbehörden wie die Flugpolizei aus England, Deutschland, Irland, Polen und Slowenien sowie die Grenzschutzbehörden aus Spanien, Dänemark, Bulgarien und Griechenland.
Im Jahr 2013 erfolgte der Einstieg von Erik Prince als Gesellschafter bei Airborne Tech. über die Frontier Services Group Limited. Diese Beteiligung war bis März 2018 aufrecht.
2014 erfolgte der Ankauf von zwei Trush-Flugzeugen. Anschließend wurden in Wiener Neustadt Triebwerke und Cockpits mit vier Millimeter dicken Stahlplatten gegen Beschuss geschützt. Der Sprühmitteltank wurde zu einem weiteren Treibstofftank umfunktioniert. Die Tanks wurden zur Verminderung des Explosionsrisikos mit Aluminium verkleidet. Durch den Umbau wurde die Flugdauer der Maschinen von maximal elf auf max. 16 Stunden erhöht. Der Einbau diverse Überwachungssysteme wie einem SCAR-Pod, einer Downlink-Antenne und einem Laser-Range-Finder dient der Aufklärung aus der Luft. Aufnahmen für Waffensysteme wurden ebenfalls angebracht.
Erik Prince und Airborne sollen für das Trush-Projekt einen australischen Kampfpiloten sowie dessen Landsmann und späteren Chef der Airborne-Flugerprobung eingesetzt haben. Der erstangeklagte Chefpilot flog demnach am 3. November 2014 mit der Trush mit Kennung T7-SAW erstmals von Wiener Neustadt nach Malta – mit an Bord das FLIR-Kamerasystem. Für die Anklage ist das deshalb wichtig, weil es dafür einer Dual-Use-Genehmigung des Wissenschaftsministeriums bedarf. Dieser Bescheid wurde offiziell für die „Kijipwa Aviation Ltd.“ von Erik Prince beantragt, und zwar zur Überwachung von kenianischen Pipelines.
Eine Panne habe schließlich den Weiterflug der Maschine von Malta in den Südsudan verhindert, weshalb das Flugzeug am 12. November 2014 laut Flugaufzeichnungen nach Österreich zurückkehrte, um am 10. Dezember 2014 erneut Richtung Afrika zu starten. Der Chefpilot, Erik Prince und ein Airborne-Techniker waren einige Tage im Südsudan, wo auch Tests mit der Maschine durchgeführt wurden. Laut Prince sei das Flugzeug aber nur wegen „technischer Probleme“ dort gelandet. Zeugen geben allerdings an, dass die Trush samt Bodenstation im Südsudan zu Vorführungszwecken stationiert wurde. Laut Protokoll des australischen Ex-Airforce-Piloten „operierte“ die Maschine bis Ende 2015 in dem Bürgerkriegsland. Einer konkreten Seite in dem bewaffneten Konflikt konnte das Flugzeug nicht zugeordnet werden.
Der zweite Trush-Flieger mit der Kennung T7-SAX wurde am 25. Juni 2015 vom Chefpiloten an die bulgarische Flugzeugfirma LASA geliefert und von Wr. Neustadt nach Sofia überstellt. Das Modell wurde später mit Raketenwerfern und Maschinengewehren auf der Pariser Flugmesse martialisch zur Schau gestellt.
Umbauten für militärische Zwecke?
Weder aus den einzelnen Umbauten für sich, noch durch die Modifikationen im Gesamten ergebe sich die Eigenschaft als Kriegsmaterial, meinte der Verteidiger. „Wir vertreten mit fester Überzeugung den Standpunkt, dass die Einordnung rechtlich falsch ist. Alle Umbauten an diesen Flugzeugen sind völlig unbedenklich“, erklärte Wess.
Selbst der von der Staatsanwaltschaft eingesetzte Sachverständige Ingo Wieser erläuterte, dass die Umbauten nicht für rein militärische Zwecke verwendet werden können. Für die Anbringung von Waffensystemen fehlte es an Kabelsträngen, Spannungsversorgung, Visier und Ähnlichem.
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Die Staatsanwaltschaft trug Beweise vor, wonach die Flugzeuge gepanzert, mit moderner Überwachungsoptik und Kameras sowie mit Aufnahmepunkten für Außenlasten ausgestattet wurden. „Alles richtig. Das ist passiert, aber nicht für einen Kampfeinsatz“, erklärte Wess im Namen seiner Mandanten.
Die Panzerung sei laut Gutachten von der geringsten Schutzklasse gewesen. „Namhafte Autohersteller bieten eine stärkere Panzerung an“, so die Verteidiger. Außer Zweifel stand, dass die Stahlplatten gar nicht unter das KMG fallen. Zudem seien die Treibstofftanks mit Aluminium ausgefüllt worden – zur Verringerung der Explosionsgefahr. „Das Flugzeug wurde schon ab Werk so geliefert. Airborne hat nichts umgebaut“, erklärt Wess. Auch für Ingo Wieser bedarf es dafür keiner zusätzlichen Genehmigung.

Zoll gab grünes Licht
Für die erste Maschine, Trush I., erhielt Airborne im April 2014 eine Ausfuhrgenehmigung des Wirtschaftsministeriums. Im Oktober 2014 wurde das Flugzeug in Wiener Neustadt noch vom Zoll inspiziert und nichts beanstandet. Am 3. November startete der erstangeklagte Pilot (53) mit der Maschine in Richtung Kenia. Die FSG von Erik Prince hielt dort 49 Prozent an einer Firma zur Überwachung und Vermessung von Pipelines.
Wegen technischer Probleme an der Treibstoffpumpe musste der Pilot aber umkehren. Bei einem neuen Versuch im Dezember 2014 trat das Problem erneut auf. Deshalb habe die Trush den näheren Stützpunkt der FSG im Südsudan angeflogen.
Das zweite Flugzeug ging 2015 direkt an eine Spezialfirma in Bulgarien. „Diese Maschine wurde nach einer Kontrolle dort ins zivile Luftfahrtregister eingetragen“, erklärten die Angeklagten.
Der Prozess geht am 14. Dezember weiter.
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