Die wiederentdeckten Pionierinnen auf zwei Rädern

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Erinnerung an das erste Damen-Radrennen Österreichs auf der Trabrennbahn in Baden.

Am 16. Juli 1893 wurde zum ersten Rennen auf die frisch errichtete Trabrennbahn in Baden geladen. Das ist bekannt. Bis vor Kurzem nicht bekannt war hingegen, dass hier wenig später, am 6. August 1893, ein weiteres Premierenrennen stattfand. Ein für damals ungewöhnliches, ja beinahe revolutionäres, aber eines ohne Pferde. Zum ersten Mal in der Geschichte der Donaumonarchie Österreich-Ungarn traten ausschließlich Frauen zu einem öffentlichen Radrennen gegeneinander an. Ein Zeichen für die damals wachsende Selbstbestimmung der Frau, das aber wieder in Vergessenheit geraten ist.

In den Archiven wiederentdeckt hat das historische Ereignis Martin Knotzer, der nun am Badener Trabrennplatz die Geschichte des ersten Damen-Radrennens präsentierte. Und sich dafür mit Petra Sturm eine Expertin zur Seite holte. Die Journalistin und Radhistorikerin hat die Radlerzeit um 1900 mit ihrem Buch über die Sportlerin Cenzi Flendrovsky beleuchtet.

Ungesund, unschicklich

Radfahrer hatten es zu Beginn nicht leicht. Über den am 5. Juni 1883 gegründeten Badener Bicycle Club heißt es etwa, dass man „anfangs bespöttelt und verhöhnt“ wurde. Doch zwei Jahre später gab es schon zwei Dutzend Mitglieder. Eine Entwicklung, die in der ganzen Monarchie einsetzte. 1897 gab es in Österreich-Ungarn bereits rund tausend Radvereine. Veranstaltungen wie die Distanzfahrt von Wien nach Berlin 1893 sorgten für einen wahren „Rad-Boom“. Der Sieger brauchte übrigens 31 Stunden – und war damit viel schneller als ein Reiter.

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Plakat für das Damen-Wettfahren am 6. August 1893.

Doch zurück nach Baden. Dort wurde 1893 der Verein neu gegründet. Frauen durften nur als außerordentliche Mitglieder dabei sein. Denn radelnde Damen waren nicht gerne gesehen. Nicht nur, dass es viele unschicklich fanden, auch negative Auswirkungen auf die Gebärmutter vermutete man.

An dem Rennen am 6. August 1893, das über eine Distanz von einer Runde führte (tausend Meter), beteiligten sich dann auch keine heimischen Radlerinnen und es gab im Vorfeld einige Absagen. Schließlich starteten nur fünf Teilnehmerinnen. Sie stammten aus gutbürgerlichen Kreisen aus Wien und Umgebung. Die Siegerin des Rennens, Fräulein Purtscher vom Verein Schottenfeld Wien, erreichte das Ziel in einer Zeit von 2:22 mit einer für die damalige Zeit beachtlichen Geschwindigkeit. Damenradrennen wurden 1900 übrigens verboten. In dem Jahr, in dem die erfolgreiche Radsportlerin Cenzi Flendrovsky an den Folgen eines Sturzes starb.

Der 6. August 1893 war ein früher Meilenstein auf dem Weg zur sportlichen Gleichberechtigung. Martin Knotzer dazu: „Mit dem Damenradrennen habe ich ein fast vergessenes Kapitel der Stadtgeschichte wieder sichtbar gemacht. Mich beeindruckt der Mut dieser Frauen zutiefst – wie sie sich 1893 auf ihre Räder schwangen, allen gesellschaftlichen Normen zum Trotz, und für ihre Freiheit eintraten.“

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