Was ist intelligent?
Drei Brutpaare gibt es am Haidlhof, dazu kommen sechs nicht brütende Raben. Zu ihnen gesellen sich vier Krähen-Paare und 26 Keas, neuseeländische Papageien. Allen gemeinsam ist, dass sie relativ große Gehirne haben. „Wir möchten verstehen, wozu sich diese großen Gehirne entwickelt haben und zu welchen Leistungen sie genutzt werden“ erklärt Thomas Bugnyar, Leiter des Departments für Verhaltens- und Kognitionsbiologie der Universität Wien. Bugnyar bezeichnet die Raben als „Taktiker der Vogelwelt“. Sie haben ein hochintelligentes Management, um etwa Futterverstecke anzulegen und zu plündern. „Dies führt einerseits zu einer intensiven Kommunikation und Kooperation, andererseits zu gewieften Täuschungsmanövern“, erklärt Bugnyar.
Dabei geht es nicht darum, wie gut die Vögel Tricks erlernen können, sie sind schließlich keine Zirkustiere. Intelligenz zeigt sich in der Fähigkeit, Probleme zu lösen und Zusammenhänge zu erkennen. Wie schlau aber sind die Raben? „Sie mit anderen Tiere direkt zu vergleichen, ist auch schwierig. Vögel haben eben keine Hände, um Aufgaben damit zu lösen“, erklärt Nagel. Sie würde ihre Raben auf dem Niveau eines zwei- bis dreijährigen Kindes einstufen. So können sie sich etwa vorstellen, dass andere nicht alles wissen, was sie selbst wissen, was man früher nur Primaten zutraute. Oder was andere wahrnehmen und mit diesem Wissen Futter verstecken.
Charaktertiere
Und sie haben ganz unterschiedliche Charakter, sind richtige Persönlichkeiten. Wobei „Raben neophob sind, sie fürchten alles Neue. Keas hingegen sind unglaublich neugierig“, sagt Nagel. Manche sind eher faul, andere sind sehr futtermotiviert und machen nur mit, wenn es als Belohnung viele Leckerlis gibt. „Astrid etwa ist ein ganz besonderer Rabe. Sie ist sehr motiviert, bei Experimenten mitzumachen, aber auch genervt und langweilt sich, wenn sie etwas zu oft machen soll“, so die Doktorandin. In den Verhaltensexperimenten wird etwa eine Box mit verschiedenen Mechanismen präsentiert und der Vogel soll herausfinden, wie man sie öffnet. Oder herausfinden, wo Leckerlis versteckt sind.
Und Raben haben mit Menschen einiges gemeinsam. Beide sind Teil von sozialen Gruppen, die komplexe Strukturen aufweisen. Sich mit seinen Artgenossen auseinandersetzen zu müssen, führt nicht selten zu Problemen. Und die wollen gelöst werden. Deshalb sind Raben auch für die Kognitionsforschung ideale Tiere. Raben leben auch in monogamen Partnerschaften, die meist ein ganzes Leben halten. „Heuer hatten wir aber einen Fall, wo sie nicht mehr mit ihm zusammen sein wollte. Er war sehr traurig und hat ein Jahr gebraucht, um darüber hinweg zu kommen“, erzählt Nagel.
Die Vögel vom Haidlhof kann man übrigens selbst kennenlernen. Und zwar bei einer öffentlichen Führung jeden ersten Freitag im Monat um 12 Uhr. Infos dazu und zur Forschung gibt es unter www.haidlhof.org
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