Deutschkurs: "Sinnvollste, das wir tun können"
"Das ist jetzt ein schwieriger Satz", sagt Frau Helene. Die Tochter spült das Geschirr. Frau Helene sitzt auf ihrem silbernen Gymnastikball im kleinen Park nahe des Erstaufnahmezentrums Traiskirchen und zeigt auf ihr Whiteboard. Ihr arbeitet zusammen. Du gehst nach Hause. Frau Helene lehrt einer Gruppe junger Asylwerber Deutsch. Jeden Tag. Seit drei Wochen. Heute auf dem Programm: Verbformen. "Es macht mir großen Spaß", sagt Frau Helene. Außerdem habe sie Zeit, sie ist ja Pensionistin, sagt sie. Frau Helene schaut auf das Merkblatt von Mustafa. Der 16-jährige Afghane hat schon alles ausgefüllt. "Das gibt‘s ja nicht. Du bist ja ein Streber!", sagt sie und lächelt ihn an. Streber? Mustafa kennt sich nicht aus. "Was heißt Streber auf Farsi? Gibt’s das Wort überhaupt?"
So wie Frau Helene kommen täglich Freiwillige vor das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen, um den Flüchtlingen Deutsch beizubringen. Und das seit drei Monaten. Organisiert wird der Kurs von Resi Guttmann (25) und ihren Freunden Stefanie, Felix und Fanny. Alles Studenten. Sie haben den "Deutschkurs für Traiskirchen" und die gleichnamige Facebook-Seite gegründet. Unter der Woche findet der Kurs im kleinen Park neben dem Erstaufnahmezentrum statt, am Wochenende im Stadtpark. Insgesamt neun Gruppen mit bis zu acht Personen finden sich an diesem Nachmittag im kleinen Park ein. Gelernt wird in drei Leistungsgruppen. Resi und ihre Freunde stellen die Lernunterlagen zur Verfügung – mehrsprachige Skripten, Arbeitsblätter, Stifte. Und sie bringen Iso-Matten, Decken und Snacks in den Park. Warum sie das machen?"Unsere Freundin Fanny hat schon länger in Traiskirchen geholfen. Und als die Situation im Sommer immer schlimmer für die Asylwerber wurde, hat sie uns motiviert, mitzukommen", erzählt Resi Guttmann.
Also sind sie an einem Samstag im Juli nach Traiskirchen gefahren und haben Deutsch unterrichtet. "Und als wir das an diesem Samstag gemacht haben, war klar: Wir machen das auch am Sonntag. Und am Sonntag war klar: Wir machen das jetzt jeden Tag." Und das machen sie auch. 50 Lehrende beteiligen sich mittlerweile am "Deutschkurs für Traiskirchen". Lehrer muss man dafür keiner sein: "Man braucht keine Einschulung, keine pädagogische Ausbildung. Man schreibt uns und wir sagen dann: Ja, kommt!", sagt Guttmann. Größte Herausforderung derzeit: Die Suche nach einem Winterquartier: "Uns wurde schon ein Raum angeboten. Wir hoffen, dass wir das bald fix machen können." Der Kurs soll auch im Winter stattfinden. Dafür lässt sich die 25-Jährige auch mit ihrer Masterarbeit an der Wirtschaftsuni etwas länger Zeit: "Es gibt im Moment einfach nichts Sinnvolleres, das wir tun können, als das."
deutschkursfuertraiskirchen.wordpress.com
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