Der Karpfen ist besser als sein Ruf

Der Karpfen ist besser als sein Ruf
Die Katastrophe von Fukushima wirkt sich auf den Konsum aus: Die Nachfrage nach heimischen Fischarten steigt.

Fischgerichte aller Art sind heute besonders häufig auf den Festtagstischen zu finden. In Haushalten, aber auch in der Gastronomie werden dabei heimische Fischarten gegenüber der importierten Hochseeware deutlich mehr bevorzugt als in vergangenen Jahren. Die Atomkatastrophe von Fukushima, aber auch wachsendes ökologisches Gewissen sind die Gründe dafür.

„Es ist komplett verrückt, die Bestellungen für Weihnachten und Neujahr waren enorm“, bekam Engelbert Eßletzbichler aus Göstling den anhaltenden Trend hautnah zu spüren. Die Ybbstalforelle, ein von einer kleinen Züchtergruppe ausgefeiltes Markenprodukt, ist gefragt wie noch nie. 100 Fische täglich galt es für Eßletzbichler aus den Teichen zu fischen und händisch aufzuarbeiten.

Umdenken

„Egal ob Seesaiblinge, Lachsforelle, Karpfen, Rheinanken oder natürlich Karpfen, die heimischen Fische sind gefragt wie nie. Immer stärkeres Ernährungsbewusstsein bei Köchen und Hausfrauen ist ein Grund dafür“, erklärt Hubert Mader. Mader, Chef des Frischhandelsbetriebes „Feigl“ aus Weistrach im Mostviertel, muss es wissen: Er und seine 55 Mitarbeiter beliefern die Wirte und viele Haubengastronomen zwischen Kitzbühel und Wien, vor allem auch mit Frischfisch.

In Jahrzehnten baute Mader eine funktionierende Logistikkette für den Vertrieb auf.
Frischer Fisch aus den Weltmeeren und zuletzt immer mehr aus heimischen Aquakulturen sind die Spezialität seiner Firma. 80 Fischsorten hat die Firma im Programm, wobei die heimischen Arten gerade einen höchst erfolgreichen Verdrängungswettbewerb um den Platz am Teller liefern. „Die unglaubliche Geschmacksvielfalt der Fische wird immer mehr Konsumenten bewusst“, sagt Mader.


„Jeden Fisch, der in Österreich gezüchtet wird, kann man bedenkenlos verspeisen“, bricht auch der Wissenschafter Martin Kainz, vom Wassercluster Lunz eine Lanze für die Züchter. Forschungen haben gezeigt, dass die wichtigen Omega-3-Fettsäuren in Zuchtfischen sogar höher sind als bei ihren wild gefangene Artgenossen.

Ökologischer Zugang

Auch das Öko-Gewissen schreibt mittlerweile die Speisezettel vieler Konsumenten mit. Den frischen Kabeljau aus der Nordsee kann Mader am dritten Tag nach dem Fang küchenfertig liefern. Doch Mahner, wie der World Wildlife Fund (WWF), beklagen die Ausrottung vieler Fischarten und prangern den Energieaufwand für den Transport an.

Experten suchen nachhaltiges Futter

Als ich nach zehnjähriger Forschungsarbeit in den USA nach Österreich zurückkam, hatte ich kurzfristig Angst um meinen Job.“ Martin Kainz, der Leiter der Abteilung „Aquatische Lipidforschung und Ökotoxikologie“ am Wassercluster Lunz, konnte in den heimischen Fischen im Gegensatz zu den USA keine Schwermetalle, wie etwa Methylquecksilber, finden. Seine international vernetzte siebenköpfige Forschergruppe im Auftrag der Donau-Uni Krems garantiert für die Qualität der österreichischen Zuchtfische.

Seine Hand ins Feuer legt Kainz auch für den Waldviertler Karpfen. „Der Speisemuskel des Karpfen hat weniger Fett als etwa eine Forelle“, erzählt er aus Forschungsberichten. Dazu ist der Karpfen im Gegensatz zu Forellen und Saiblingen ein Friedfisch. „Bei Zucht der Forellenfische müssen gut 30 Prozent importierte Meeresfische, meist Sardinen, zugefüttert werden“, erklärt der Wissenschafter. Deshalb sei die heimische Fischzucht eben nicht ganz nachhaltig.

Dabei sind die Forscher in Lunz sicher, dass sie ein entsprechendes ökologisches heimisches Ersatzfutter entwickeln könnten. „Es ist enttäuschend. Wir haben ein Projekt bei der österreichischen Forschungsfördergesellschaft eingereicht. Mit sechs Zeilen wurde es brüsk abgelehnt. Niemand hat die Dimension dieser Arbeit erkannt“, sagt Kainz enttäuscht.

Kommentare