Das junge Gesicht der Industrie
KURIER: Seit März gibt es erstmals eine Doppelspitze im Vorstand der Jungen Industrie NÖ/Burgenland und erstmals ist eine Frau Vorstandsvorsitzende. Wie kam es dazu?
Veronika Wüster: Da wir die Interessensvertretung von zwei Bundesländern sind, war es sinnvoll neben Matthias Unger (Anm.: Unger Stahlbau GmbH, Oberwart) einen Co-Vorsitz zu haben. Wir teilen uns die Aufgaben, er kümmert sich vermehrt um das Burgenland, ich um Niederösterreich. Ich bin seit 2016 eine von acht Vorstandsmitgliedern. Bei uns sind Frauen aber sehr gut vertreten, mehr als die Hälfte des Vorstands ist weiblich. Wir hatten auch jahrelang eine Bundesvorsitzende. Ich möchte das auch gar nicht so zum Thema machen, mir wurden zumindest nie mutwillig Steine in den Weg gelegt.
Was sind Ihre Ziele in den nächsten drei Jahren deiner Funktionsperiode?
Ich möchte das Schwerpunktthema „grenzen-los“ verankern. Niederösterreich und Burgenland haben viele Grenzregionen, uns ist ein Anliegen, die positiven Auswirkungen der EU-Osterweiterung vor 15 Jahren aufzuzeigen. Und gleichzeitig gibt es beim Austausch mit Ungarn, Tschechien und der Slowakei noch viel Potenzial, das wir aufgrund von Sprachbarrieren, aber auch aufgrund von historischen Grenzen, die noch wirken, nicht optimal nutzen.
Welche Grenzen hat Niederösterreich als Industrieland?
Genügend gut ausgebildetes Personal zu haben, da stoßen wir manchmal an die Grenzen. Aber auch bei der Infrastruktur – aber da gäbe es große Pläne mit den Nachbarländern, von Seidenstraße-Anbindung bis Breitspur.
Bevor die Junge Industrie den Schwerpunkt „grenzen-los“ gesetzt hat, war das Thema „Nein zum Jein“. Warum?
Wir wollten zeigen, wie wichtig es ist, Entscheidungen zu treffen. Wir haben auch bei unseren jungen Mitgliedern gesehen, dass das Treffen von Entscheidungen nicht immer leicht ist und eine Fülle von Optionen manchmal sogar zu Stillstand führt. Nicht zu Unrecht gibt es auf Facebook bei Events einen Ja-, Nein- und Vielleicht-Button.
Haben Sie auch Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen und gibt es Dinge, die sie nervös machen?
Abgesehen von einem Fotoshooting im Paternoster im Haus der Industrie? (lacht) Natürlich. Aber ich denke, ein bisschen Nervosität ist gesund. So eine gesunde Nervosität verspüre ich, wenn ich an die nächsten Schritte denke, ich muss mich auch erst zurecht finden in meiner neuen Funktion. Aber mit Entscheidungen habe ich auch kein Problem.
Warum haben Sie entschieden, sich der Jungen Industrie anzuschließen?
Ich bin, seit ich 19 bin, bei der Jungen Industrie – das Interesse habe ich schon immer, wahrscheinlich kommt das aber auch durch meinen familiären Background. (Anm.: Familienunternehmen wüster-strom, Ybbs) Wenn man schon als junger Mensch sieht, welche Herausforderungen das bringt und welche Aufgaben das sind, ist das prägend und da kann man sich schon für Industrie begeistern. Eine Turbine – egal ob Wasser oder Flugzeug – fasziniert mich einfach. Auch heute, wenn ich bei meinem aktuellen Job bei der AUA vor einem Triebwerk stehe, begeistert mich das nach wie vor. Industrie ist einfach so viel mehr als rauchende Schlote und das verstärkt aufzuzeigen, war mir immer schon ein Anliegen.
Keine rauchenden Schlote und gediegene Herren in den Chefsesseln?
Nein, das Bild stimmt so nicht. Die junge Industrie ist jünger. Wir haben viele Frauen als Mitglieder. Und das Industriebild hat sich auch sehr geändert. Es ist keine verstaubte Industrie, sondern eine, die innovativ ist, und Neuerungen vorantreibt, wie beispielsweise die Digitalisierung. Wir beschäftigen uns auch damit, wie die Lehrberufe der Zukunft aussehen können. Bei uns sind auch Start-ups und Jungunternehmer – wir sind keine Perlohrring besetzte und Dreireiher tragenden Töchter und Söhne von Großindustriellen, wie manche vielleicht denken.
Welche Ziele haben Sie sich als Vorsitzende gesetzt?
Tatsächlich können wir politisch noch aktiver werden – nicht parteipolitisch, sondern so, dass die Junge Industrie gehört wird und wir uns stärker einbringen können. Es gibt viele Themen, die junge Führungskräfte betreffen, und ich bin gerne bereit, diese nach außen zu tragen.
Zur Person
Veronika Wüster wurde 1985 in St. Pölten geboren. Aufgewachsen ist sie in Ybbs (Bezirk Melk). Während ihrer Schulzeit im Stiftsgymnasium Melk und ihrem Studium hat sie als Redakteurin bei Zeitungen und Zeitschriften gearbeitet. Veronika Wüster studierte Internationale Entwicklung an der Universität Wien mit einem Auslandsjahr in Paris. Sie hat den Master of Advanced International Studies an der Diplomatischen Akademie gemacht. Seit 2013 arbeitet sie bei Austrian Airlines.
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