Pegel elf Meter gefallen
Ein Rückblick in den Herbst 1965 macht deutlich, wovon Angelmaier und seine Kollegen sprechen. Mit knapp 268 Meter über Adria wurde damals bei der Messstelle Heizhaus Wiener Neustadt der höchste Grundwasserstand seit Messbeginn im Jahr 1951 aufgezeichnet. Nur sieben Jahre später, im Frühjahr 1972, waren es mit 257 Meter ü.A. sage und schreibe elf Meter weniger. Und so ging es bis heute mit dem Grundwasserspiegel auf und ab.
Im April 2023 hatte der Pegel mit 255 Meter die Talsohle erreicht. Eines der größten Grundwasserreservoirs Europas, die Mitterndorfer Senke, war südlich von Baden auf ein Rekordtief gesunken. Die Folge waren ausgetrocknete Seen und Flüsse. Viele Teiche und Schotterseen im südlichen Wiener Becken glichen wegen der Trockenheit eher einer Schotterwüste als einem einladenden Badegewässer.
Lange Hitzeperiode
Während Kritiker die Trockenheit und extreme Grundwassersituation dem Klimawandel zuschreiben, versuchen Fachleute vom Hydrologischen Dienst des Landes Niederösterreich zu beruhigen. Starke Schwankungen im Wiener Becken habe es schon immer gegeben. In den vergangenen Jahren führte aber ein deutliches Niederschlagsdefizit in Verbindung mit überdurchschnittlich hohen Temperaturen (Hitzeperioden) in der warmen Jahreszeit zu dem Rekordrückgang des Grundwasserspiegels.
Weniger Schnee, mehr Regen
Das Ausmaß war daher auf eine Verkettung mehrere Umstände zurückzuführen. Das unterirdische Wasserreservoir wird deutlich durch Niederschlag und die Schneeschmelze im Semmering-Rax-Schneeberggebiet gespeist. Und dort habe es speziell in den vergangenen Jahren sehr geringe Schneelagen gegeben. Aktuell liegt der Pegel in Wiener Neustadt bei 262,5 Meter über Adria und damit knapp über dem "mittleren Grundwasserstand“.
Kein Trinkwasser?
Der Rekordrückgang des Grundwassers und von Quellschüttungen im südlichen Niederösterreich führte erstmals 2022 zu einer angespannten Situation für die lokale Trink- und Nutzwasserversorgung, heißt es vonseiten des Landes NÖ. Aus diesem Grund wurde von der Abteilung Wasserwirtschaft bei der Bundesanstalt für Geologie, Geophysik, Klimatologie und Meteorologie, "GeoSphere Austria“, eine Studie zur Entwicklung der Lage in Auftrag gegeben.
In dem 200 Seiten starken Papier wurden anhand hydrologischer Daten und Studien die zu erwartenden Auswirkungen auf das Grundwasser untersucht. Klimaprognosen für die alpine Region Niederösterreichs zeigen für die nahe Zukunft bis zum Jahr 2050 neben der Zunahme der Temperatur und damit der Verdunstung auch eine Zunahme der Niederschläge. "Somit kann von einer annähernd gleichbleibenden jährlichen Grundwasserbilanz wie bisher ausgegangen werden. Eine verstärkte Zunahme von längeren Trockenperioden ist erst ab 2050 zu erwarten“, heißt es in dem Expertenpapier.
Weil es wärmer wird, zeigt das Szenario im Untersuchungsgebiet bis 2050 eine Abnahme der mittleren Schneehöhe von 10 bis 20 cm pro Jahr auf. In der warmen Jahreszeit sei von einer Zunahme der Niederschlagsintensität auszugehen.
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