Bürgerwehr: "Wir machen unsere Straßen sicherer"

Die Aktion „Sicherheit 2344“ in Maria Enzersdorf rund um Robert Scherzer (2. v. re.) konnte schon etliche Kriminelle stellen – zuletzt im Herbst 2015
Seit Jahresbeginn formieren sich verstärkt Gruppen, die Bürger schützen wollen.

Wenn die Dämmerung anbricht, starten Robert Scherzer und seine Kollegen ihre Rundgänge. In Zivil, ohne Taschenlampe, ohne Waffen. Manchmal geht die Gruppe auch erst um 22 Uhr oder nach Mitternacht auf Streife.

Robert Scherzer ist Initiator der Aktion "Sicherheit 2344" – einer Bürgerwehr in Maria Enzersdorf in Niederösterreich. "Bürgerwehr" wollen die Aktivisten eigentlich nicht genannt werden: "Wir beobachten und melden. Bei uns gibt es kein Eingreifen – wir lehnen jegliche Form von Gewalt ab."

Aufschrei

Anders ist das bei Bürgerwehren, die sich seit Jahresbeginn formiert haben. Nach den Übergriffen in der Silvesternacht – in Köln, Salzburg oder Wien – ist der Aufschrei von besorgten Bürgern auf Facebook groß geworden. Bürgerwehr Wien/Wien-Umgebung: 3588 Likes; Bürgerwehr Mödling: 596 Likes; Bürgerwehr – mittlerweile in Nachbarschaftshilfe umgetauft – Südoststeiermark: fast 800 Likes.

"Ich wohne schon mein Leben lang in Wien", sagt der Initiator der Bürgerwehr Wien/Wien-Umgebung, Christian S.: "Ich merke, dass sich etwas verändert hat. Den Menschen ist das Sicherheitsgefühl abhandengekommen." Und genau das wolle man den Wienern zurückgeben. "Wir machen unsere Straßen sicherer. Wir versuchen den Leuten Selbstvertrauen zu vermitteln – egal wo ihr seid, vielleicht ist ja gerade wer von uns da", so der 50-jährige Floridsdorfer Christian S. Vor allem Hotspots wie Bahnhöfe oder Randbezirke sollen zu Beginn besucht werden. Derzeit würde sich die Bürgerwehr noch in der Anfangsphase befinden, die letzten Formalitäten für eine Vereinsgründung werden gerade erledigt.

Dennoch gehen Christian S. und seine Kollegen schon auf Wiens Straßen Streife. "Wir sind circa drei Mal in der Woche zwischen 22 und 1 Uhr unterwegs", erklärt S., "zukünftig wollen wir das täglich schaffen." Damit das möglich ist, sucht die Initiative Mitglieder. Auf Facebook wird die Bürgerwehr beworben. Aufgenommen wird aber nicht jeder, wie von der Initiative betont wird: "Wir distanzieren uns von Ausländerfeindlichkeit, Rechtsradikalismus und Gewalt. Wir wollen keine vorbestraften Kriminellen oder Menschen, die ihre Aggressionen nicht zügeln können." Die Regeln der Bürgerwehr müssten im Vorhinein unterzeichnet werden.

Gegebenenfalls sollen die Mitglieder aber durchaus in Situationen eingreifen, wie es heißt. Wenn es um Körperverletzung geht, "haben wir das Recht, den Täter auf angemessene Art an der Flucht zu hindern", wird auf der Facebook-Seite betont. In erster Linie sollen die Mitglieder aber aufmerksam durch die Straßen gehen, präsent sein und die Polizei verständigen.

Vorwürfe

Zu den Vorwürfen, eine rechte Organisation gegründet zu haben, meint der Familienvater: "Mir ist es egal, ob meine Frau von einem In- oder Ausländer begrapscht wird. Bei uns ist jeder willkommen: Wir möchten ein bunt zusammengewürfelter Haufen sein, in dem viele Sprachen, Religionen, Länder und Kulturen vertreten sind."

Bei der Polizei steht man den Bürgerwehren dennoch kritisch gegenüber. "Wir kennen dieses Phänomen und haben uns das angeschaut", sagt Polizeisprecher Thomas Keiblinger, "solange das nur auf Facebook ist, ist das ein Fantasiekonstrukt. Wenn man dort 3000 Freunde hat, ist das wie 3000 Euro in Monopoly." Verständigen, beobachten und merken sei wichtig und ratsam, aber jegliches Eingreifen in Vorfälle sei gefährlich, wie Keiblinger erklärt. "Wenn jemand Ungeübter eingreift, könnte die Situation mehr eskalieren als notwendig", schildert der Polizeisprecher: "Erfahrungswerte in praktischer Ausübung hat nur ein Polizist, und mit dieser Aufgabe ist auch nur die Polizei betraut." Aufmerksam durch die Straßen gehen sei laut Keiblinger zwar sinnvoll, aber dafür würde es keiner Bürgerwehr bedürfen.

Viele Menschen scheinen da anderer Meinung zu sein. Und auch Robert Scherzer, dessen Initiative es bereits seit 2004 gibt, hat seit Silvester einen Anstieg bei den Anfragen bemerkt. Die regelmäßigen Rundgänge würden jedenfalls Früchte tragen: "Den letzten Vorfall gab es im Herbst 2015." Damals bemerkte ein Mitglied einen verdächtigen Kastenwagen. Die Polizei fand im Inneren gestohlene Fahrräder.

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