Kommen und Gehen in Gemeinden

Mit +47,7 Prozent ist Mitterndorf an der Fischa die Gemeinde mit dem stärksten Zuzug in Niederösterreich.
Viele Orte in Niederösterreich werden immer größer. Andere kämpfen mit der Abwanderung.

Es gibt einen Arzt, eine Bank, einen Supermarkt und ein Kaffeehaus, den Sportverein, den Pensionistenverein und die Kinderfreunde. Mitterndorf an der Fischa (Bezirk Baden) ist keine Metropole, trotzdem ziehen dort immer mehr Menschen hin. In den vergangenen zehn Jahren ist die Bevölkerung von Mitterndorf laut Statistik Austria um 47,7 Prozent gestiegen. Das ist der höchste Wert in Niederösterreich und der zweithöchste Wert in ganz Österreich.

Kommen und Gehen in Gemeinden
Mit +47,7 Prozent ist Mitterndorf an der Fischa die Gemeinde mit dem stärksten Zuzug in Niederösterreich.
Und das, obwohl Mitterndorf beinah ein ganz anderes Schicksal erlitten hätte, nämlich das der Abwanderung. „1990 hatten wir knapp 1000 Einwohner“, erzählt Bürgermeister Helmut Hums. Damals gab es nur zwei Kindergartengruppen; und in den 70er-Jahren hätte beinahe die Volksschule geschlossen werden müssen, weil es sich die Gemeinde kaum mehr leisten konnte, den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten. Seit 1990 nimmt die Einwohnerzahl in Mitterndorf zu. Mittlerweile hat der Kindergarten sechs Gruppen, die Volksschule sieben Klassen. Wie das möglich ist? „Durch Bereitstellung von Wohnraum“, sagt der Bürgermeister.

Aufschließungen

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Mit +47,7 Prozent ist Mitterndorf an der Fischa die Gemeinde mit dem stärksten Zuzug in Niederösterreich.
Betriebsgebiet wurde in Wohngebiet umgewidmet. Reihenhaussiedlungen und Wohnbauten mit Genossenschaftswohnungen entstanden. „Das hat hauptsächlich junge Familien zu uns gezogen“, erklärt der Bürgermeister. Und noch immer wird in Mitterndorf weiteres Wohngebiet aufgeschlossen. „Bei uns kostet der Baugrund zwischen 80 und 100 Euro pro “, sagt Bürgermeister Hums. Momentan entsteht in der Hofwiese eine neue Siedlung. Dort ist auch Familie Halper vor zwei Jahren hingezogen. Er ist Wiener, sie aus Bad Goisern, beide arbeiten in Schwechat. „Uns taugt es hier voll. Wir haben alles in der Nähe und es ist ruhig“, erzählen Ramona und Mirko Halper.

Ganz anders ist die Situation in Aderklaa (Bezirk Gänserndorf). Seit 2001 ist die Zahl der Einwohner dort um 18 Prozent gesunken. Das ist Negativ-Rekord in Niederösterreich. Baugrund gibt es dort nur für Aderklaaer.

Zu viel Verkehr

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Aderklaa im Bezirk Gänserndorf ist der Ort mit der stärksten Abwanderung in Niederösterreich. Von 2002 bis 2012 ist die Zahl der Einwohner um 18 Prozent zurückgegangen.
Aktuell leben in Aderklaa 201 Menschen. 22 von ihnen führen einen landwirtschaftlichen Betrieb, nur einer arbeitet im Ort. Alle anderen pendeln ins angrenzende Wien aus. Und obwohl die Stadtgrenze nur sechs Kilometer entfernt liegt, ziehen viele weg aus Aderklaa. „Der Bezirk Gänserndorf ist nicht gerade gesegnet mit Arbeitsplätzen“, sagt Bürgermeister Franz Schlederer. „Die meisten Jungen im Ort haben höhere Schulen besucht. Und die höher dotierten Jobs gibt es halt einmal in Wien“, meint er. Warum ziehen deshalb aber gleich so viele weg? Der Verkehr sei ein Grund. Aber nicht nur der lärmende Durchzugsverkehr im Ort. „Um nach Wien zu kommen, muss man über die B8 fahren“, erklärt der Bürgermeister. „Viele stecken deshalb tagtäglich im Stau auf dem Weg nach Wien und ziehen dann gleich in den 22. Bezirk.“ Auch sein Sohn mache es so, er ist – wie viel andere – nur noch Zweitwohnsitzer.
Trotzdem versucht die Gemeinde ihre Jungen zu halten. 2013 will man – mit finanzieller Unterstützung des Landes – Starter-Wohnungen für junge Menschen errichten. Etwa 50 Quadratmeter groß und billig sollen sie sein.

Bewilligt ist das Projekt aber noch nicht.

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