Aug’ um Aug’: Happy End im Kampf um Kassenstelle für Augenarzt

Das Gezerre um eine neue Kassenstelle für einen Augenarzt im Mostviertel belegt die angespannte Situation um die ärztliche Versorgung
Die Proteste mehrerer Gemeinden und politischer Funktionäre über eine plötzlich abhandengekommene Augenarzt-Kassenstelle hat sich ausgezahlt. Aufgrund des Wirbels wurde die ÖGK doch noch auf eine dramatische Situation aufmerksam. Denn fünf bis sechs Monate dauert es in den Bezirken Scheibbs und Melk, um einen Termin beim Augenarzt zu bekommen. Nun wird doch eine zusätzliche Planstelle ausschreiben. Als interimistische Alternativstelle allerdings...
Die kuriose Übersiedlung eines Augenarztes samt seiner Kassenstelle aus Ybbs/Donau in den Nachbarbezirk Scheibbs ist ein Musterbeispiel für den mittlerweile beinharten Kampf der Gemeinden um Mediziner. Zum Ende des vergangenen Jahres war der Mediziner von Ybbs im Bezirk Melk nach Wieselburg übersiedelt. Im Bezirk Melk und im südlichen Waldviertel gingen die Wogen hoch, weil die Krankenkasse die Meinung vertrat, den Patienten sei es zuzumuten zum Augenarzt nun in die sieben Kilometer entfernte Messestadt weiterzufahren. Eine zusätzliche Planstelle wurde vorerst nicht zugebilligt.

Präsentierten Lösung in Form einer Vorgriffsstelle: ÖGK-Manager Leitner (l.) und Fidler (r.), LR Königsberger-Ludwig, Bgm. Ulrike Schachner, NR Schroll
Ein parteiübergreifender Proteststurm mit Resolutionen von acht Gemeinden und Interventionen über den örtlichen SPÖ-Nationalrat Alois Schroll und Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) habe letztendlich Wirkung gezeigt, schilderte die Ybbser Bürgermeisterin Ulrike Schachner in einer Pressekonferenz nun erleichtert. „Ich bin dankbar, dass die Unterversorgung in den beiden Bezirken Melk und Scheibbs mit 120.000 Einwohnern erkannt wurde und die Versorgung sichergestellt wird“, sagte Schachner. Derzeit kämen den vier vorhandenen Kassen-Ärzten rechnerisch jeweils 30.000 Patienten zu, „in Vorarlberg kommen auf einen Facharzt 17.000“, so die Stadtchefin.
Verschlechterung
Man musste gegen die eindeutige medizinische Verschlechterung für Ybbs und den Bezirk Melk Druck machen, schilderte Nationalrat Schroll. Noch dazu sei man in Ybbs in der glücklichen Lage, dass sich ein hier wohnhafter Wahlarzt der Augenheilkunde, der zugleich Spitalsoberarzt ist, bereit erklärt habe, sich um einen neuen Kassenplatz bewerben zu wollen.
Der Protest machte sich jetzt bezahlt. ÖGK und Ärztekammer einigten sich. Beim Planstellengespräch wurde die Installierung einer sogenannten Vorgriffsstelle auf die Planstelle jenes Arztes, der nach Wieselburg abgewandert ist und in etlichen Jahren in Pension geht, vereinbart. Das bestätigten die beiden Vorsitzenden der ÖGK-Landesstelle, Robert Leitner und Norbert Fidler. Ausschlaggebend waren die „exorbitant“ langen Wartezeiten. Zudem ergab der Check der Ist-Situation, dass das Durchschnittsalter der aktiven Augenheilkundler bei 59 Jahren liege, so Leitner.
Warum bedurfte es eigentlich der Proteste und warum ist die ÖGK nicht selbst auf die Mangelversorgung aufmerksam geworden? „Bei unserer Ombudsmannstelle lagen keine Beschwerden darüber vor“, klärte Fidler auf.
Die nun zugestandene Vorgriffsplanstelle ist jedenfalls nicht für ewig. Sie muss nämlich evaluiert und neu beschlossen werden, wenn der Wieselburger Augenarzt in den Ruhestand tritt und sein Kassenvertrag frei wird.
Dilemma
„Es gibt keinen Ärztemangel, aber einen Mangel an Kassenärzten.“ So beschreibt Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig die vor allem am Land dramatische Situation. Während es genügend Wahlärzte gebe, fehlen Mediziner mit Kassenverträgen. Nur 0,03 Personen bewerben sich durchschnittlich für eine von der Krankenkasse ausgeschriebene Planarztstelle.
In NÖ gibt es zwei Planstellen, die die ÖGK bereits 75-mal (Gresten) beziehungsweise 54-mal (Großdietmanns) erfolglos ausgeschrieben hat. Junge Mediziner wollen keine Karrieren als Einzelkämpfer auf Kassenstellen, sie wollen in Gemeinschafts- und Gruppenpraxen oder in Primärversorgungseinheiten (PVE) arbeiten, „für sie zählt die Work-Life-Balance“, berichten Königsberger-Ludwig und ÖGK-Manager Norbert Fidler.
Es sei wichtig, den bürokratischen Zugang zu Gemeinschaftspraxen zu erleichtern, so Königsberger-Ludwig. Erst am vergangenen Freitag haben die Gesundheitsreferenten der Länder das von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) gefordert.
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