Auf der Flucht: Wenn Lehrer lernen

Auf der Flucht: Wenn Lehrer lernen
Traiskirchen, UNO City, Innenministerium – Zwischenstops eines besonderen Lehrgangs an der PH Niederösterreich.

Erster Stop ist die „rote Zone“ – dort bleibt man, bis geklärt ist, ob man eine ansteckende Krankheit hat. Mit nichts im Gepäck steht man also in Traiskirchen und wartet – die Rede ist von Menschen auf der Flucht. Eine Ausnahmeerfahrung, die auch einige Lehrkräfte aus Niederösterreich teilten – zumindest hypothetisch. Im Lehrgang „Migration, Asyl & Schule“ der Pädagogischen Hochschule (PH) Niederösterreich  in Baden beschäftigten sie sich mit dem Thema Flucht und dem Umgang damit in der Schule.

Ins Leben gerufen wurde die in dieser Form einzigartige Weiterbildung 2015, als viele Menschen auf der Flucht nach Österreich kamen. „Aus PH-Sicht bestand 2015 dringender Handlungsbedarf“, sagt Karl Zarhuber, Leiter des Lehrgangs. Die Weiterbildung startete damals unmittelbar. „Lehrerinnen und Lehrer waren ja unter anderem an erster Stelle und massiv betroffen“, erinnert sich Zarhuber.

Eine von ihnen war Beatrix Skorpil (64). Sie ist Lehrerin an der Neuen Mittelschule Böheimkirchen (Bezirk St. Pölten) und hat sich damals dazu entschlossen, die Weiterbildung zu besuchen. „Es herrschte damals große Unsicherheit, auch unter den Kindern. Manche waren auch einfach über Nacht wieder weg“, erzählt sie.

Einblick in Rechtslage

Im zweijährigen Lehrgang gab es Exkursionen ins Innenministerium, das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen, die UNO City, eine Moschee und das jüdische Museum. Dabei wurden auch viele Einblicke in die Rechtslage von Menschen auf der Flucht geboten. „Ich verstehe jetzt die Hintergründe besser und kann mein Wissen auch an Kollegen weitergeben“, sagt Skorpil.

Verständnis für andere Kulturen

Verena Keusch (26) unterrichtet am BG Tulln. Für sie waren die Erfahrungen oft sehr emotional und vor allem persönlichkeitsbildend: „Wir haben viel reflektiert und unser Verständnis für andere Kulturen geschärft“, sagt sie.

Ähnlich sind die Erfahrungen der Lehrerin Susanne Pauer (50) von der Tourismus-Berufsschule Waldegg (Bezirk Wr. Neustadt). Sie bittet ihre Schüler aus Flüchtlingsländern seitdem immer, ihre Geschichte mit der Klasse zuteilen, wenn sie das möchten.

Diesen offenen Umgang im Klassenzimmer hat sie erst durch die Ausbildung gewonnen. „Selbst zu verstehen und auch bei den anderen Kindern Verständnis zu schaffen ist mein Ziel“, sagt sie.

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