Attraktivität als großer Preistreiber in der Wachau
Das Flaggschiff des niederösterreichischen Tourismus hat ein Problem. Seine Attraktivität ist Fluch und Segen zugleich. Die Bewohner der Wachau tragen die finanzielle Last, um die romantische Bausubstanz zu erhalten, großteils alleine. Schaffen sie es nicht mehr, droht der Verkauf an Zweitwohnsitzer, von denen die Region nichts hat.
Das befeuert die Nachfrage und treibt die Immobilienpreise in die Höhe. Eine Folge: Massiver Rückgang von Hauptwohnsitzern in mehreren Gemeinden. Einheimische fordern längst eine spezielle „Weltkulturerbe-Förderung“ als Gegenmittel.
Eines der Sorgenkinder ist die Gemeinde Dürnstein mit nur noch 848 Einwohnern. Seit 2003 sind fast zehn Prozent der Bürger verloren gegangen – Geburten- und Wanderbilanz sind negativ. Der Massentourismus und der Denkmalschutz in der Altstadt schrecken vor allem junge Familien ab. Baugründe sind rar und teuer. Ähnlich sieht es in Spitz an der Donau oder Rossatz-Arnsdorf aus.
Wohnen in der Wachau kann sich kaum noch jemand leisten
Investoren
Christian Thiery, Besitzer des Schlosshotels Dürnstein, umreißt die Probleme: „Erhalten und Bewohnen alter Häuser sind schwierig und teuer. Aber genau diese Bauten machen erst die Schönheit unserer geschützten Wachau aus.“ Deswegen gehöre in der Welterbe-Region der Erhalt des Altbestands und nicht der Neubau gefördert, der oft das Bild störe. Geltende Regelungen spielen auswärtigen Investoren in die Karten. „Sie bauen bei uns billig und verdienen mit dem Verkauf teurer Wohnungen. So bringen sie aber nur Zweitwohnsitzer hierher, die nicht einmal unseren Supermarkt erhalten“, ärgert sich Thiery. Aus seiner Sicht ist ein eigener Fördertopf für den Erhalt historischer Ortskerne notwendig, um die Kosten für spezielle Auflagen wie Denkmalschutz zu stemmen.
Dürnstein
Dürnstein
Dürnstein
Dürnstein
Weißenkirchen im Frühjahr
Weißenkirchen
Wachauer Marillenblüte
Marillenernte im Juli
Landesgalerie Krems
Wohngebiet Unterloiben
Dürnstein
Sonnenwende Ruine Hinterhaus in Spitz
Spitz an der Donau vor der Weinlese
In dieselbe Kerbe schlägt Thomas Fürstl, Immobilienmakler aus Krems: „Die Wachauer sollen die schönen Gebäude für die Touristen erhalten, sind aber mit dieser kaum bewältigbaren Aufgabe weitgehend alleine gelassen. Wenn der Neubau besser gefördert wird, als die Sanierung von Ortskernen und die behördlichen Auflagen keine Rücksicht auf historische Substanz nehmen, dann kann das nicht funktionieren“. Er habe schon öfter erlebt, dass Einheimische verkaufen statt teuer zu renovieren. Dann würden meist finanzkräftige (auswärtige) Anleger zum Zug kommen, die bereit seien, mehr zu zahlen, bestätigt auch Immobilienmakler Jürgen Heinzl aus Krems.
Eine Folge ist, dass Immobilienpreise allgemein anziehen, wie ein Beispiel in Rossatz zeigt: „Nachdem ein Russe für ein Haus mehr bezahlt hat als bis dahin üblich, sind rundherum die Preise in die Höhe gefahren“, weiß Heinzl. Wie weit das gehen kann, sieht man im Internet: Ein rund 200 m² großes Haus mit Garten, Pool und Panoramablick wird nahe Rossatz um knapp eine Million Euro angeboten.
Bürgermeister Geppner, Weißenkirchen: "Wir müssen leistbare Gründstücke für unsere Jugend schaffen"
Belebung
Während in Spitz oder Dürnstein die Landflucht spürbar weitergeht, gelang zumindest in Weißenkirchen ein „Bremsmanöver“. Bürgermeister Christian Geppner (ÖVP) glaubt die Gründe zu kennen: „Durch die Ortskernbelebung sind am Rathausplatz 24 neue, leistbare Wohneinheiten entstanden. In der Ziegenofengasse sind 30 weitere geschaffen worden.“ Trotzdem sieht er die Grundstückspreise – ab 150 Euro pro Quadratmeter – und Überalterung als Probleme. „Wir müssen darauf achten, dass keine weiteren Spekulationsobjekte entstehen, wenn wir die Wachau welterbeverträglich weiterentwickeln“, betont Geppner.
Der Spitzer Bürgermeister Andreas Nunzer (ÖVP) setzt auf ein Maßnahmenpaket: Den Neubau (18 Wohnungen und 18 Doppelhäuser sind im Entstehen) von Wohneinheiten, die Altbausanierung und Hilfestellungen dabei. „Wir schaffen für die Wachau einen Rahmenplan, damit Bauwerber und Architekten wissen, was möglich ist. So lassen sich Verfahren schneller abwickeln“, sagt Nunzer.
Außerdem beteiligt sich die Gemeinde an einem Forschungsprojekt der Technischen Uni Wien, das herausfinden will, wie man historische Gebäude kostengünstig und angepasst ans Welterbe sanieren kann. Zusätzliche Förderungen für Sanierung begrüßt er grundsätzlich, meint aber: „Jetzt machen wir mal unsere Hausaufgaben.“
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