In Bruck an der Leitha geht die Angst vor noch mehr Fluglärm um

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Die versprochene Entlastung finde nicht statt, kritisieren die Grünen. Austro Control entgegnet, man arbeite an Verbesserung.

Zwei große Start- und Landepisten stehen derzeit am Flughafen Wien zur Verfügung. Die Diskussion um eine mögliche dritte Piste beschäftigt die Region rund um den Airport in Schwechat bereits seit vielen Jahren. Anrainer befürchten dadurch naturgemäß eine noch höhere Belastung durch startende und landende Flugzeuge.

Zuletzt hat man seitens des Flughafens um einen Aufschub bis zur Realisierung dieser dritten Piste angesucht, dieser wurde aber nicht - wie gewünscht - bis zum Jahr 2033 gewährt. Vielmehr legte der Bundesverwaltungsgerichtshof die Frist mit 2030 fest.

Doch auch ohne Erweiterung sei die Region um die Stadt Bruck an der Leitha mit wachsender Lärmbelastung konfrontiert, kritisieren die Grünen um Gemeinderat Roman Kral. Und auch der Brucker Hermann Ferschitz, er ist beruflich im Forschungs- und Prüfwesen für Verkehrsmittel - auch Flugzeuge - tätig und berät den Gemeinderat in technischen Fragen, vor allem bezüglich Flugrouten und Schall-Emissionen. 

"Kein gekurvter Anflug"

Was den Experten wundert: Im Dialogforum, wo Verhandlungen zwischen Vertretern des Flughafens, der Austro Control und der Bevölkerung der Region stattfinden, wurde als Maßnahme zur Entlastung unter anderem der sogenannte gekurvte Anflug versprochen. Flugzeuge würden sich dadurch nicht direkt über die Stadt, sondern in einem Bogen dem Airport nähern. Seit Jänner 2024 ist dieser "curved approach" technisch möglich - finde aber in der Praxis nicht statt, so Ferschitz.

Zwei Männer mit einem Plakat

"Die vom Flughafen Wien in Aussicht gestellte Entlastung ist also auch nach eineinhalb Jahren noch immer nicht in Sicht", sagt der Brucker. Durch die dritte Piste würde die jetzt schon sehr hohe Lärmbelastung der Region "um das Drei- bis Vierfache" ansteigen.

Und er nennt ein konkretes Beispiel: so habe es laut Daten der Austro Control am 23. Oktober dieses Jahres keinen einzigen gekurvten Anflug bei 94 Landungen zwischen 21 Uhr und 7 Uhr morgens gegeben. Gerade in den Nachtstunden sei dies jedoch versprochen worden, so Ferschitz. Zahlen würden eine sehr ähnliche Situation an vielen Tagen belegen.

Sicherheitsbedenken

Während die Flugbewegungen während der "Nachtkernzeit" - also zwischen 23:30 Uhr und 5:30 Uhr - tatsächlich wie versprochen reduziert würden, sei aus seiner Sicht mit keiner Entlastung durch den "curved approach" zu rechnen, behauptet Ferschitz. "Der gekurvte Anflug war eine Voraussetzung für die dritte Piste im Mediationsverfahren. Ich halte ihn aber für ein Gerücht." Die Begründung des Experten: das Verfahren sei wesentlich aufwendiger und risikoreicher für Fluglotsen, die sich daher bevorzugt für den klassischen Anflug entscheiden würden.

Vorwürfe, die Juliana Ghasemipour-Yazdi, Sprecherin des "Dialogforums Flughafen Wien" überraschen. „Wir wissen, dass sich die Austro Control sehr bemüht, den 'curved approach' umzusetzen. Das Personal wird intensiv geschult", sagt sie. "Aber natürlich geht es hier um Sicherheitsüberlegungen und daher ist das nur in der verkehrsarmen Zeit, also in der Nacht, möglich."

"Noch keine Prognosen möglich"

Markus Pohanka, Sprecher der für die Anflugrouten zuständigen "Austro Control", stellt klar: "Im Fall des Baus der dritten Piste würden die Anflugverfahren dafür natürlich neu verhandelt und aufgeteilt. Wir suchen dabei immer den Dialog mit der Bevölkerung. Es müsste alles neu betrachtet werden. Daher kann man aus heutiger Sicht keinerlei konkrete Prognosen abgeben."

Der gekurvte Anflug sei "ein innovatives Verfahren, um das uns andere Flughäfen beneiden", betont Pohanka. "Er ist seit rund zwei Jahren auch in der Praxis auf Piste 29 in Anwendung. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Abstände zwischen den Flugzeugen entsprechend groß sind. Das ist eben nur in verkehrsarmen Nachtstunden zwischen 23:30 Uhr und 5:30 Uhr möglich und wir haben darauf als Austro Control nicht immer Einfluss." 

"Standardverfahren ab 2026"

Sicherheit stehe bei derartigen Entscheidungen "immer an oberster Stelle", so Pohanka. "Die Situation sollte sich in nächster Zeit auch noch weiter verbessern, weil der gekurvte Anflug ab dem Jahr 2026 zum Standardverfahren wird". 

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