Andrea Eckert ist von Schauspieler Ferdinand Raimund fasziniert
KURIER: Sie sind die Prinzipalin der Raimundspiele Gutenstein. Heuer wird mit „Brüderlein fein“ das erste Mal ein Stück aufgeführt, das nicht von Raimund stammt, sondern von seinem Leben erzählt. Warum?
Andrea Eckert: Das ist jetzt mein viertes Jahr. Einer der Hauptgründe für die Entscheidung damals war die große Begeisterung und Ehrfurcht, die ich für das Leben von Ferdinand Raimund habe – und gleichzeitig auch eine Betroffenheit darüber. Er hat uns ja so zauberhafte Stücke mit viel Humor geschenkt, aber sein ganzes Leben war ganz und gar nicht zauberhaft. Seine Liebe zum Theater ist entstanden, als er als Bäckerlehrling Brot im Burgtheater verkauft hat. Es hat mich so berührt, dass er seiner Sehnsucht gegen alle Widrigkeiten gefolgt ist. Er wollte unbedingt ein Theaterstar werden. Je erfolgreicher er dann wurde, desto stärker wurden seine Depressionen und seine Paranoia, bis er sich schließlich erschoss. Wir spielen in Gutenstein seine Stücke rauf und runter und ich dachte von Anfang an, für das Raimund-Publikum wäre es unglaublich spannend, ein Stück über ihn zu sehen. Und so kam es, dass ich Felix Mitterer gebeten habe, „Brüderlein fein“ zu schreiben.
Hat Ferdinand Raimunds Leben Ähnlichkeit mit Ihrem eigenen, indem er seinem Traum allen Widrigkeiten zum Trotz gefolgt ist?
Ein kleines bisschen. Gerade als ich es sagte, dachte ich es mir, ohne mich vergleichen zu wollen. Mir imponieren generell Leute, die ihrem Sehnsuchtsstern folgen, weil ich denke, darum geht es im Leben. Und ja, ich wollte auch unbedingt zum Theater und bei mir war der An- fang ähnlich, lange Zeit hat sich keiner für mich interessiert. Jetzt bin ich seit 40 Jahren dabei und ich liebe meinen Beruf mehr denn je.
Derzeit proben Sie am Burgtheater, wo sie auch ihre Karriere gestartet haben, denken sie nach 40 Jahren ans Aufhören?
Nein, überhaupt nicht. Ich darf diesen Beruf in so vielen verschiedenen Facetten ausüben – meine Chansonabende, bin Prinzipalin in Gutenstein, spiele Theater, fürs Fernsehen – gerade habe ich eine schöne Rolle für die Vorstadtweiber gedreht. Der Beruf bietet mir so viele Möglichkeiten. Und wenn dann noch Zeit bleibt und ich Geld aufstelle, mache ich einen Dokumentarfilm. Das sind lauter Geschenke und das könnte eigentlich immer so weitergehen.
Haben Sie als Filmemacherin etwas geplant? Einen Film über Ferdinand Raimund zum Beispiel?
Meine Filme handeln immer von Menschen, die mich begeistern und zu denen ich eine gewisse Affinität habe – Raimund würde da hineinpassen, aber den kann ich hald nicht mehr fragen, ich habe immer so gerne den persönlichen Kontakt. Aber ich glaube, man könnte einen großartigen Film über ihn machen. „Brüderlein fein“ ist ja an und für sich fast filmisch geschrieben. Ich werde das überlegen ..., aber eines nach dem anderen.
Bereitet es Ihnen Sorgen, dass Sie heuer in Gutenstein einen anderen Weg gehen, als den gewohnten?
Das schöne und geniale an „Brüderlein fein“ ist, dass Felix Mitterer einen Weg gefunden hat, diese Raimundatmosphäre auch in seinem Stück glänzen zu lassen. In gewisser Weise wird Raimund und seine Art zu schreiben in dem Stück gespiegelt. Das werden die Zuschauer merken. Ich zittere natürlich bei jeder Premiere der Raimundspiele, weil wir ja nur einen Wurf pro Jahr haben und der muss passen. Ich bin auf jeden Fall optimistisch und voller Vorfreude.
Zur Person
Andrea Eckert wurde am 17. September 1958 in Baden geboren. Nach der Matura und einem Literaturstudium in Paris absolvierte sie eine Ausbildung bei Dorothea Neff. Ihr Durchbruch gelang ihr 1991 als „Judith“ von Friedrich Hebbel am Volkstheater Wien. Es folgten zahlreiche Engagements unter anderem am Burgtheater, im Theater in der Josefstadt und im Schauspielhaus. Neben dem Theater spielte sich auch Rollen in Film und Fernsehen und hat sich als Dokumentar-Filmemacherin einen Namen gemacht.
Raimund und die ewige Liebe zu Gutenstein
Ferdinand Raimund wurde am 1. Juni 1790 in Wien geboren. Seine Ur-Großeltern waren Pächter der Gastwirtschaft „Gasthaus zum Bären“ in Gutenstein im Bezirk Wiener Neustadt (in dem heute das Ensemble der Raimundspiele verköstigt wird). Später kaufte er sich dort ein Haus. Raimund machte eine Lehre in der heutigen Konditorei Demel. Als „Numero“ verkaufte er Süßes im Burgtheater, so machte er Bekanntschaft mit dem Theater.
Schließlich gab er den Bäckerberuf auf, um Theaterschauspieler zu werden. Ab 1817 gehörte Raimund dem Ensemble des Theaters an der Josefstadt an, später wurde er Direktor. 1830 verließ er das Theater und trat nur noch selten auf. Er zog sich auf sein Gut in Pernitz, die Raimundvilla, zurück. Am 5. September 1836 verstarb Ferdinand Raimund im Alter von 46 Jahren, nachdem er sich in den Mund schoss. Er liegt auf dem Bergfriedhof in Gutenstein begraben. Zu seinen Ehren wurden 1993 die Raimundspiele Gutenstein ins Leben gerufen. Jeden Sommer wird ein Stück gezeigt.
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