Ärzte laut Studie "unzufrieden"
Drohende Pensionswelle bei den Medizinern, Kassenplanstellen, für die keine Allgemeinmediziner oder Fachärzte gefunden werden, und ein Patientenansturm auf die Spitalsambulanzen – das sind nur einige der Problemfelder, die das Gesundheitswesen in Niederösterreich als Großbaustelle erscheinen lassen. Während einander im Vorwahlkampf zur nö. Ärztekammerwahl im März 2017 die Spitzenkandidaten der größten Fraktionen die Schuld dafür geben, sehen Patientenanwalt und Spitalsbetriebsrat die Versorgungslücken im niedergelassenen Bereich als größtes Krankheitssymptom.
Trotz mehrmaliger Ausschreibungen sind in NÖ derzeit 14 Kassenplanstellen ohne Bewerber. Das ist aber nur der Anfang: Gingen vor zwei Jahren knapp mehr als 100 Mediziner in Rente, werden es 2017 bereits 280 Ärzte sein, die Nachfolger suchen.
Umfrage
Der Kremser Orthopäde Andreas Stippler von der Liste "Ärzteverband Niederösterreich" hat eine Umfrage (www.aerztedialog2016.at) durchgeführt. Demnach sind 48 Prozent der 1900 befragten Mediziner mit ihren Arbeitsbedingungen unzufrieden, 54 Prozent meinen, diese hätten sich in den letzten Jahren verschlechtert. Kritik üben Spitalsärzte an der Überstundenbezahlung und Niedergelassene an den Kassenhonoraren. 50 Prozent fühlen sich von ihrer Kammer schlecht vertreten.
Christoph Reisner, Präsident der Ärztekammer NÖ (Seine Liste "Die Engagierten" erreichte zuletzt ein Mandat mehr als der Ärzteverband) wehrt sich: "Seit es die Kurie der Niedergelassenen in der Ärztekammer gibt, hatte der Ärzteverband bis vor vier Jahren die Stimmenmehrheit und hätte vieles ändern können, was er derzeit kritisiert."
Peter Maschat, Zentralbetriebsrat der nö. Landeskrankenhäuser versteht Klagen der Spitalsärzte nach der Reduktion der Wochenarbeitszeit auf 49 Stunden und Entlastung der Ärzte durch Pflegepersonal nicht. "Dazu kommen die Besoldungsreform 2012 und eine bevorstehende Gehaltserhöhung, deren Verhandlungen noch vor dem Sommer abgeschlossen sein sollen", sagt Maschat. Aber der Druck steigt, weil Patienten wegen Versorgungslücken bei Hausärzten in die Spitalsambulanzen drängen. Das sieht Patientenanwalt Gerald Bachinger ähnlich: "Spitalsärzte sind die einzige Berufsgruppe, die weniger Stunden bei vollem Lohnausgleich arbeitet. Die Jahrzehnte alten Probleme der Niedergelassenen gibt es noch, weil die Kammer die verkrusteten Strukturen nicht aufgibt. Wenn Kammervertreter sagen, dass sie sich gegen die Kassen nicht durchsetzen, sollen sie ihren Hut nehmen."
NÖ GKK und Klinikenholding wollen sich aus dem Vorwahlgeplänkel der Ärztekammer heraus halten. Zumal Gespräche um ein neues Spitalsärztegesetz laufen.
Abrechnung
Der praktische Arzt Erich Haiderer hat fast 34 Jahre lang im Bezirk Krems eine Praxis geführt. Jetzt geht er in Pension. Seine Bilanz: "Wir erleben eine Software-Diktatur. Medizinisch bräuchte ich drei Mitarbeiter, musste aber fünf beschäftigen, um die Verwaltung zu bewältigen. Die Kassen haben durch Mystery-Shopping das Vertrauen zwischen Arzt und Patienten zerstört. So rottet man den Landarzt aus."
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