79-Jährige bekam fünf Jahre bedingt wegen Mordversuchs

LANDESGERICHT KORNEUBURG
Angeklagte wollte ihren pflegebedürftigen Mann und sich selbst mit Schlaftabletten töten. Das Urteil ist rechtskräftig.

Eine 79-Jährige ist am Landesgericht Korneuburg zu fünf Jahren bedingter Haft wegen Mordversuchs verurteilt worden. Die Pensionistin soll im Bezirk Bruck an der Leitha versucht haben, ihren pflegebedürftigen Mann und dann sich selbst mit Schlaftabletten zu töten. Aufgrund zu geringer Dosierung und Einschreitens der 24-Stunden-Betreuerin überlebten beide. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Geschworenen entschieden einstimmig, die Beratung dauerte nur wenige Minuten. Die Haftstrafe wurde unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Mildernd waren der bisher ordentliche Lebenswandel, das Geständnis, die eingeschränkte Schuldfähigkeit aufgrund der psychisch belastenden Situation und dass es beim Versuch geblieben ist.

Erschwerend kam hinzu, dass es sich beim Opfer um den Ehemann der Angeklagten handelte. Da die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe überwiegen, sei eine außerordentliche Strafmilderung zu tragen gekommen, sagte der vorsitzende Richter Dietmar Nussbaumer. Die Strafhöhe von fünf Jahren soll ausdrücken, "dass es sich keinesfalls um eine Bagatelldelikt handelt", sagte er.

Mann wurde zum Pflegefall

Das Paar ist seit 60 Jahren verheiratet, hat eine gemeinsame Tochter und besitzt seit 1977 ein Einfamilienhaus. Heuer im Februar war der Mann über die Kellertreppe gestürzt und hatte ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten, weiters schritt seine Demenz immer weiter voran. 

Nach dem Unfall wurde der Mann ein Pflegefall der Stufe fünf und hatte ab Mai eine 24-Stunden-Betreuerin. Der Pensionist konnte zwar selbstständig essen und trinken, brauchte aber unter anderem Hilfe bei der Körperpflege und konnte sich nur im Rollstuhl fortbewegen. "Sie fasste den Entschluss, ihr Leben und das Leben ihres Mannes zu beenden", sagte Staatsanwältin Gudrun Bischof.

"Ich war überfordert"

Die 79-Jährige bekannte sich schuldig und erklärte ihre Tat: "Ich war überfordert. Ich habe seit dem Unfall nicht schlafen können." Ihren Mann in ein Pflegeheim zu geben, sei für sie keine Option gewesen. Das wollte sie ihm nicht antun, erklärte die Beschuldigte. "Ich habe geglaubt, ich schaffe es. An dem Tag habe ich bemerkt, ich schaffe es nicht mehr", sagte die 79-Jährige.

Sie flößte ihrem Mann zehn bis 15 Schlaftabletten ein und nahm selbst ebenfalls eine Handvoll der Medikamente, die ihr verordnet worden waren. Vorher schrieb sie einen Abschiedsbrief an die Tochter.

Der Mann lebt seit seiner Entlassung aus dem Krankenhaus in einem Heim. Auch die Beschuldigte, die einer U-Haft durch ein Kontaktverbot mit ihrem Mann entging, lebt in einem Heim.

Hilfe für Betroffene 

Wer Suizid-Gedanken hat, sollte sich an vertraute Menschen wenden. Oft hilft bereits das Sprechen über die Gedanken dabei, sie zumindest vorübergehend auszuräumen. Wer für weitere Hilfsangebote offen ist, kann sich an die Telefonseelsorge wenden: Sie bietet schnelle erste Hilfe an und vermittelt Ärzte, Beratungsstellen oder Kliniken. Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person von Depressionen betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefon-Seelsorge in Österreich kostenlos unter der Rufnummer 142.

www.suizid-praevention.gv.at

Das neue österreichische Suizidpräventionsportal www.suizid-praevention.gv.at bietet Informationen zu Hilfsangeboten für drei Zielgruppen: Personen mit Suizidgedanken, Personen, die sich diesbezüglich Sorgen um andere machen, und Personen, die nahestehende Menschen durch Suizid verloren haben. Das Portal ist Teil des österreichischen Suizidpräventionsprogramms SUPRA des Gesundheitsministeriums.

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